Radioaktiver Abfall: WWF warnt vor grüner Einstufung der Atomkraft
Es gibt Bestrebungen, Atomenergie und auch Gas als «grüne» Energie einzustufen. Dabei ist radioaktiver Abfall nach wie vor ein Problem bei der Entsorgung.
Das Wichtigste in Kürze
- Es gibt Bestrebungen, Atomkraft und Erdgas als grüne Energie einzustufen.
- Die Greenpeace und WWF warnen vor diesem Anliegen.
- Damit könnten die Klimaziele nicht eingehalten werden.
Umweltorganisationen warnen die Europäische Kommission davor, Atomkraft und Erdgas als umweltfreundliche Energien einzustufen.
Ein solcher Schritt würde den Massnahmen widersprechen, die gebraucht würden, um den Klimawandel auf 1,5 Grad zu begrenzen. Das sagte Sébastien Godinot vom WWF am Donnerstag. Die Einbeziehung von Atomkraft und Erdgas in die sogenannte EU-Taxonomie wäre «grob unverantwortlich», sagte Greenpeace-Aktivistin Silvia Pastorelli.
Hintergrund sind laufende Arbeiten der EU-Kommission an einem Klassifizierungssystem für nachhaltige Investitionen. Damit sollen Anleger klare Vorgaben bekommen, welche Investitionen als klimafreundlich gelten – die Kennzeichnung bietet also enorme finanzielle Vorteile.
Durch die Taxonomie würden Gaswerke bis 2065 betrieben werden können
In Brüssel zirkulierte ein Papier mit Forderungen, Kernkraft und Gas in die Taxonomie aufzunehmen. Es stammt nach Angaben von Diplomaten von Frankreich, wird aber auch von etlichen anderen Ländern wie Polen und Tschechien unterstützt.
Deutschland hat sich bislang klar dagegen ausgesprochen, Atomkraft als klimafreundlich zu klassifizieren. Es gibt allerdings eine starke Lobby dafür, Gas als Übergangstechnologie zu fördern. Damit man die Stromversorgung nach dem geplanten Atom- und Kohleausstieg absichern kann.
Unter den im Papier vorgeschlagenen Kriterien würden die Hälfte der bereits existierenden Gaswerke in der EU als «grün» gelten. Ausserdem könnten neue Gaswerke finanziert werden, die bis 2065 laufen könnten. Dies sei nicht mit den EU-Zielen zum Klimaschutz vereinbar, so der WWF-Ökonom.
Radioaktiver Abfall: Nach 70 Jahren habe man immer noch keine Lösung
Roger Spautz von Greenpeace warnte vor den Umweltfolgen von radioaktivem Müll, der bei der Kernspaltung entsteht. «Unserer Meinung nach will die Atomindustrie in der Taxonomie sein. Sie will Geld entwenden, um ihre alten Reaktoren weiter laufen zu lassen», sagte Spautz. Nach 70 Jahren habe die Atomindustrie immer noch keine Lösung für Atommüll gefunden, sagte WWF-Kollege Godinot.
Laut der zuständigen EU-Finanzkommissarin Mairead McGuinness soll die Entscheidung zur Einstufung von Atom und Gas bis Jahresende fallen. Die Mitgliedstaaten und das EU-Parlament haben dann zwei Monate Zeit, Einwände zu erheben - sonst tritt die Taxonomie in Kraft.