Royaler Ausnahmezustand: Vereinigtes Königreich feiert 70 Jahre Queen
Ein Land feiert seine Königin - und sich selbst. Am (heutigen) Donnerstag fällt im Vereinigten Königreich der Startschuss für einen mehrtägigen royalen Ausnahmezustand: Bis Sonntag zelebriert Grossbritannien den 70. Throngeburtstag von Queen Elizabeth II.
Das Wichtigste in Kürze
- Die zentralen Feierlichkeiten finden in London statt.
Die Königin dankte ihren Landsleuten für die bevorstehende Feier. «Ich weiss, dass bei diesen festlichen Anlässen viele schöne Erinnerungen entstehen werden», hiess es in einer Grussbotschaft der 96 Jahre alten Monarchin, die der Palast in der Nacht zum Donnerstag veröffentlichte.
Den Auftakt macht die traditionelle Geburtstagsparade «Trooping the Colour» (11.00 Uhr MESZ). Überraschend werden auch Queen-Enkel Prinz Harry und seine Ehefrau Herzogin Meghan die Militärschau gemeinsam mit anderen Familienmitgliedern verfolgen, wie der Palast mitteilte.
Der Besuch des in die USA ausgewanderten Ehepaars in der alten Heimat hatte vor allem in den konservativen britischen Medien Angst vor einer «Sussex-Bombe» ausgelöst - dass Meghan und Harry, die sich jüngst von einem Netflix-Filmteam begleiten liessen, das Jubiläum mit egoistischen Auftritten überschatten könnten. Nun deuten die Zeichen eher auf einen Familienfrieden hin. Denn auch am Freitag bei einem Dankgottesdienst für die Queen in der Londoner Kathedrale St. Paul's sowie am Samstagabend bei einer grossen Party mit Musikstars und Promis am Buckingham-Palast wird das Paar erwartet.
Mehr noch: Am Samstag ist Medienberichten zufolge ein privates Treffen mit Harrys Grossmutter vorgesehen. Dabei könnte die Queen erstmals Urenkelin Lilibet treffen, die nach dem familieninternen Spitznamen der Monarchin heisst. Auch Brüderchen Archie (3) ist dabei. Die mögliche Audienz hat Gerüchte geschürt, das Ehepaar könnte seine Tochter im Beisein der Queen taufen lassen. Dies wäre eine weitere Friedensgeste im familieninternen Zwist. Vor allem Harrys Vater Prinz Charles und Bruder Prinz William sollen dem 37-Jährigen dessen scharfe Kritik am Palast der vergangenen Monate noch übel nehmen.
Für Harry und Meghan gibt es so auch eine klare Grenze: Sie werden am Donnerstagmittag nicht dabei sein, wenn die Queen und andere Royals wie Charles und William mit ihren Familien sich auf dem Balkon des Buckingham-Palasts dem Volk zeigen. Dort sind nur «Working Royals» vorgesehen, wie der Palast bestätigte. Harry und Meghan hatte mit ihrem Umzug in die USA ihre royalen Pflichten aufgegeben. Auch der zweitälteste Queen-Sohn Prinz Andrew wird fehlen. Er hat sich wegen seiner Verwicklung in einen Skandal um sexuellen Missbrauch weitgehend aus der Öffentlichkeit zurückgezogen.
An den kommenden Tagen steht umso mehr die Queen im Mittelpunkt. Elizabeth ist seit dem Tod ihres Vaters König Georg VI. am 6. Februar 1952 britische Königin. Gekrönt wurde sie am 2. Juni 1953.
Landesweit feiern Millionen Menschen bei Strassenfesten ihre Königin. In London werden Hunderttausende erwartet, die versuchen werden, einen Blick auf die Royal Family zu erhaschen. Nur einige Tausend können aber dabei sein, wenn Thronfolger Prinz Charles am Donnerstag im Namen seiner Mutter unweit des Buckingham-Palasts den Aufmarsch von mehr als 1200 Offizieren und Soldaten abnimmt.
Begleitet wird der 73-Jährige von seiner Schwester Prinzessin Anne und seinem älteren Sohn Prinz William, ebenfalls ein künftiger König. «Trooping the Colour» ist seit mehr als 260 Jahren die offizielle Geburtstagsparade des britischen Staatsoberhaupts. Die Queen hat am 21. April Geburtstag, doch wegen des zumeist besseren Wetters findet die Militärschau stets im Juni statt.
Die Queen wird die Parade vom Buckingham-Palast verfolgen und dort auch einen Salut entgegennehmen, während unter anderem die Ehefrauen von Charles und William, Herzogin Camilla und Herzogin Kate, den kurzen Weg zum Exerzierplatz Horse Guards Parade in Kutschen zurücklegen. Auch die Kinder von Prinzessin Margaret, der 2002 gestorbenen jüngeren Schwester der Queen, sind eingeladen.
Anschliessend geht es für die Royals zurück in den Palast, wo sie vom Balkon aus einen Formationsflug zu Ehren der Queen verfolgen. Abends erhellen dann landesweit Leuchtfeuer die Dämmerung. Den symbolischen Start übernimmt die Königin auf ihrer Residenz Schloss Windsor westlich von London. Zeitgleich lässt ihr Enkel William 35 Kilometer östlich am Buckingham-Palast einen Lichterbaum erstrahlen.
Über ein langes Wochenende finden bis Sonntag weitere Feierlichkeiten statt. So ist in London am Sonntag ein «Street Pageant», eine Art Strassenkarneval, geplant. Damit die Menschen ihre Königin gebührend feiern können, gibt es einmalig einen weiteren arbeitsfreien Feiertag. Zudem dürfen Pubs deutlich länger öffnen. Der viertägige Festreigen soll das Land nach dem Brexit und der Corona-Pandemie wieder zusammenschweissen. Überall wehen schon seit Tagen britische Flaggen, Häuser und Vorgärten sind geschmückt. Hartgesottene Royals-Fans campen auf der Londoner Prachtstrasse Mall, um einen guten Platz für die Parade zu sichern.
Vor allem die Queen ist nach wie vor äusserst beliebt im Land. Wie das Meinungsforschungsinstitut Yougov ermittelte, sind 84 Prozent der Menschen in Grossbritannien der Ansicht, die Königin habe in ihren 70 Jahren auf dem Thron sehr gute oder gute Arbeit geleistet. Allerdings schwindet unter jüngeren Menschen die Unterstützung für die Monarchie. Bei den 18- bis 24-Jährigen sank die Zahl der Befürworter einer Yougov-Umfrage zufolge seit 2011 von 59 Prozent auf 33 Prozent.