Russland schickt Soldaten an Krücken zurück an die Front
Russland schickt Verwundete am Tag nach der OP wieder an die Front. Ein Soldat vermutet, dass der Kreml so versucht, die Entschädigung zu sparen.

Das Wichtigste in Kürze
- Russische Verwundete müssen wieder zurück an die Front.
- Ein Betroffener klagt, er wurde erst am Vortag operiert.
- Ein europäischer Beamter nennt es «Recycling», Russland gingen die Truppen aus.
Immer wieder tauchen Videos von russischen Soldaten auf, die trotz signifikanter Verletzungen an der Front kämpfen. CNN hat nun einige davon verifiziert und mit Betroffenen gesprochen.
Ein Russe sitzt in einem der Videos in einem Militärfahrzeug und wird zurück an die Front gefahren. «Ich wurde gestern erst operiert», sagt er. «Was zum Teufel machen sie mit mir?»
Er wolle den russischen Bürgern zeigen, was mit den Soldaten gemacht werde, sagt er und zeigt sein verletztes Bein. Ihm fehle auch ein Finger, er sei gestern genäht worden. Nun könne er nicht einmal Krücken benutzen. Dennoch werde er in die umkämpfte Stadt Luhansk gefahren.
Andere Aufnahmen von russischen Militärbloggern zeigen Soldaten in einem Wald in Frontnähe. Einer der Männer sagt, er habe bereits drei schwere Verletzungen, eine davon am Gehirn, erlitten. «Jetzt hängen sie mir ein Gewehr um und schicken mich an die Front.»
Ein anderer Kämpfer wurde verletzt und zur Behandlung nach Moskau gebracht. Als er erfuhr, dass Verwundete zurück in den Krieg müssen, floh er aus Russland. «Sie holen die Splitter nicht aus einem heraus, sie tragen bloss eine Salbe auf», sagt er zu CNN. «Wenn die Wunde ein bisschen verheilt ist, entlassen sie einen aus dem Spital wieder in den Dienst.»
Verwundete an die Front, um keine Entschädigung zu bezahlen?
Es sei dann ein «Einweg-Ticket», sagt er. Denn die Verwundeten würden aus finanziellen Gründen zurückgeschickt, vermutet er.
Verwundete erhielten bis zu 3 Millionen Rubel, so der Deserteur. «Wenn sie die Krüppel zurück an die Front schicken, umgehen sie die Zahlung.» Und im Todesfall gebe es für die Familie nur Geld, wenn die Leiche gefunden werde.
Ein ukrainischer Geheimdienstmitarbeiter sagt, in den letzten sechs Monaten seien vermehrt verwundete Russen aufgetaucht. Seine Vermutung: Russische Kommandanten wollen so ihre Verluste verschleiern.
Ein westlicher Beamter nannte die russische Taktik gegenüber CNN «Recycling» der Soldaten. Er sieht es als Zeichen von Soldatenmangel. Nur mit einer Generalmobilisierung könnte Moskau wieder genügend gesunden Kämpfer haben.