Ukraine Krieg: Letzte Ukraine-Kämpfer verlassen Asow-Stahlwerk
Nach wochenlanger Belagerung ist Mariupol im Ukraine-Krieg jetzt vollständig an die Russen gefallen. Alle im Stahlwerk verschanzten Kämpfer haben sich ergeben.
Das Wichtigste in Kürze
- Russland kontrolliert jetzt nach eigenen Angaben das Stahlwerk Azovstal in Mariupol.
- Demnach haben alle ukrainischen Kämpfer sich ergeben.
- Der Befehl zur Kapitulation sei von der Armee-Führung gekommen, sagt Asow-Kommandant.
Russlands Armee hat eigenen Angaben zufolge das Stahlwerk Azovstal in der ukrainischen Hafenstadt Mariupol komplett unter ihre Kontrolle gebracht. Dies nach Wochen heftiger Kämpfe im Ukraine-Krieg. Alle feindlichen Kämpfer hätten sich ergeben, teilte das Verteidigungsministerium in der Nacht zum Samstag in Moskau mit.
«Der Befehl, aufzugeben, kam von der Armee-Führung», sagt der Kommandant des Asow-Regiments in einem Video. Zuvor habe dieses eine Kapitulation immer abgelehnt. Die Ukraine strebt jetzt einen Gefangenenaustausch an.
Den Rest der strategisch wichtigen Hafenstadt im Südosten der Ukraine hatte Russland bereits unter Kontrolle gebracht. Die weitläufige Industrieanlage am Asowschen Meer war der letzte Ort bis zur vollständigen Kontrolle. Die ukrainische Seite äusserte sich zunächst nicht zur angeblichen Einnahme des Werks.
Nach Angaben aus Moskau kamen seit dem 16. Mai insgesamt 2439 ukrainische Soldaten, die sich in den Bunkeranlagen aus Sowjetzeiten verschanzt hatten, in russische Gefangenschaft.
Selenskyj macht Westen mitverantwortlich
Am Freitag sei die letzte Gruppe von 531 Kämpfern gefangen genommen worden, hiess es. Das Stahlwerk war seit dem 21. April von russischen Truppen im Ukraine-Krieg belagert worden.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj machteden Westen für die Entwicklung mitverantwortlich. Dies in einem noch vor der russischen Verkündung der Einnahme aufgenommenen Fernsehinterview. Er habe die westlichen Staats- und Regierungschefs wiederholt aufgefordert, sein Land mit «geeigneten Waffen» zu versorgen. Dies «damit wir Mariupol erreichen können, um diese Menschen zu befreien».
Der frühere Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen kritisierte den zurückhaltenden Kurs der Bundesregierung in diesem Punkt. Deutschland sei «zu zögerlich bei der Lieferung schwerer Waffen und bei der Verhängung von Sanktionen», sagte der Däne dem «Handelsblatt».
Selenskyj bringt massive Zerstörung im Ukraine-Krieg zur Sprache
Wie jede Nacht hielt der ukrainische Präsident auch in der Nacht auf heute eine nächtliche Ansprache. Wegen der massiven Zerstörung in seinem Land brachte einen Fonds ins Gespräch für Entschädigungszahlungen. Dies an Länder, denen Russland mit Angriffen Schaden zugefügt habe.
Das könne in einem «multilateralen Abkommen» geregelt werden. Selenskyj schlug vor, russisches Kapital und Eigentum im Ausland einzufrieren oder zu beschlagnahmen und diesem neuen Fonds zuzuführen. «Das wäre gerecht», meinte er.
Die Kriegsschäden in der Ukraine summieren sich ukrainischen Schätzungen zufolge schon jetzt auf Hunderte Milliarden Euro. Russland hatte Ende Februar seinen Angriff auf das Nachbarland begonnen.
Ukraine befürchtet jetzt russischen Vormarsch
Die Ukraine befürchtet nun nach der Asowstal-Einnahme einen weiteren Vormarsch russischer Truppen. Der ukrainische Militärgouverneur des Gebietes Luhansk, Serhij Hajdaj, meldete am Samstag massive Gefechte im Donbass.
So steht etwa die ostukrainische Stadt Sjewjerodonezk seit Tagen unter Beschuss, es gibt Tote und Verletzte. «Die Russen löschen Sjewjerodonezk wie Mariupol aus. In den Vororten der Stadt laufen Kämpfe», teilte Hajdaj im Nachrichtenkanal Telegram mit.
Der Gouverneur beklagte Bombardements aus der Luft in der Region. Russland wolle das Gebiet in Schutt und Asche legen.
Zugleich wies er Aussagen von Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu als «Unsinn» zurück. Dieser hatte verkündet, im Ukraine-Krieg kurz vor der kompletten Einnahme der Region Luhansk zu stehen. Schoigu habe keinen Überblick mehr über die Lage seiner eigenen Streitkräfte.