Spiegel legt Abschlussbericht zur Relotius-Fälschungsaffäre vor
Gut fünf Monate nach Bekanntwerden des Fälschungsfalls um den Reporter Claas Relotius hat der «Spiegel» einen Abschlussbericht vorgelegt.
Das Wichtigste in Kürze
- Eine umfassende Analyse zum Fall Relotius wurde von «Spiegel Online» publiziert.
- Es hat drei deutliche Warnungen vor Fälschungen gegeben.
- Juan Moreno hatte Relotius schliesslich auffliegen lassen.
Die 17 Seiten umfassende Analyse wurde am Freitag beim Nachrichtenportal «Spiegel Online» veröffentlicht.
«Die gute Nachricht: Es wurden keine Hinweise darauf gefunden, dass jemand im Haus von den Fälschungen wusste, sie deckte oder gar beteiligt war.» Dies schrieben Chefredakteur Steffen Klusmann und Verlags-Geschäftsführer Thomas Hass.
„Spiegel“-Bericht: Das ganze Ausmaß des Skandals um Claas Relotius - WELThttps://t.co/bFrZ2VnrI7
— 🛡️Guardian🛡️Phoenix🛡️ (@Guardofbrain) May 24, 2019
Sie gaben zu, dass sich der «Spiegel» von Relotius habe einwickeln lassen. Weiter haben sie in einem Ausmass Fehler gemacht, das gemessen an den Massstäben des Verlages unwürdig sei.
Veröffentlichung der Fälschungen
Der «Spiegel»-Verlag in Hamburg hatte die Fälschungen im Dezember 2018 öffentlich gemacht. Dem «Spiegel» zufolge waren seit 2011 rund 60 Texte im Heft und bei «Spiegel Online» erschienen, die Relotius geschrieben hat.
Darin hatte Relotius zum Teil Protagonisten und Szenen erfunden. Er gab mehrere Journalistenpreise zurück, oder sie wurden ihm entzogen. Laut «Spiegel» hat Relotius Gesprächsanfragen bisher abgelehnt.
Die Kommission bestand aus der freien Journalistin und früheren Chefredakteurin der «Berliner Zeitung», Brigitte Fehrle. Auch dabei war der kommissarische Blattmacher Clemens Höges und dem «Spiegel»-Nachrichtenchef Stefan Weigel. Das Trio hat Gespräche geführt, Mails ausgewertet und ist Hinweisen aus der Redaktion und von ausserhalb nachgegangen.
Relotius trägt die Verantwortung
Grundsätzlich trage Relotius für seine Texte Verantwortung, schreiben die Autoren in dem Bericht. «Er ist Täter.» Und: «Um die Aufdeckung von Fälschungen zu verhindern, hat Relotius erheblichen Aufwand betrieben.» Seine Vorgesetzten hätten Relotius bewundert und absolutes Zutrauen zu ihm gehabt.
Es gab Hinweise
Dennoch habe es im Haus drei deutliche Warnungen vor Fälschungen gegeben. «Jede davon hätte Relotius stoppen können - zumindest theoretisch», heisst es weiter. Dennoch war zwei Wochen nach einem ersten Hinweis des Reporters Juan Moreno noch eine Titelgeschichte erschienen.
#relotius @DerSPIEGEL hat sich dagegen entschieden, gegen Claas Relotius zu klagen. Stichwort Fürsorgepflicht. Es ginge eher um die maximale Aufklärung.
— ZAPP Medienmagazin (@ZappMM) May 24, 2019
Für jene schrieb Relotius Einstieg, Schluss und Mittelpassage über die Pazifikinsel Kiribati. Relotius sei aber nicht auf der Insel gewesen, «sein Text war gefälscht». Moreno hatte Relotius schliesslich auffliegen lassen.
Der Fälschungsfall hatte in der Medienbranche eine Diskussion um Glaubwürdigkeit und Transparenz im Journalismus ausgelöst. Als Konsequenz hat die Wochenzeitung «Die Zeit» Recherche-Standards und Regeln festgelegt, an die sich alle Autoren halten müssen.