Dammbruch in Augsburg (D): Menschen werden in Sicherheit gebracht
Regen ohne Ende in Bayern und Baden-Württemberg. Einige Flüsse sind bereits über die Ufer getreten. Das Schlimmste könnte erst noch kommen.
Das Wichtigste in Kürze
- Einige Landkreise im Süden Deutschlands haben den Katastrophenfall ausgerufen.
- Menschen wurden bereits in Sicherheit gebracht – teils mit Booten.
- Befürchtet wird mancherorts ein Jahrhunderthochwasser.
Die Lage an einigen Flüssen im Süden Deutschlands spitzt sich angesichts heftiger Regenfälle zu. In Bayern riefen die Landkreise Augsburg, Aichach-Friedberg, Günzburg, Donau-Ries und Unterallgäu den Katastrophenfall aus.
In Babenhausen im Unterallgäu fiel teilweise das Handynetz aus. Wer Hilfe brauche und keinen Notruf absetzen könne, solle ein weisses Laken oder Tuch zum Fenster heraushängen oder – wenn möglich – sich am Fenster bemerkbar machen, um auf seine Notlage aufmerksam zu machen, teilte das Landratsamt mit. In Babenhausen waren Menschen bereits mit Schlauchbooten aus ihren Häusern geholt worden.
Im Landkreis Donaus-Ries werde aktuellen Wetterprognosen zufolge weiter mit Regenfällen gerechnet, der Scheitelpunkt mit den höchsten prognostizierten Pegelständen werde nach aktuellen Informationen für den Montag erwartet, erläuterte das Landratsamt in Donauswörth. Vor allem die Donau werde in den nächsten Stunden stark steigen. Weitere Massnahmen wie etwa Evakuierungen könnten nötig werden, hiess es. Darüber werde rechtzeitig informiert.
Evakuierung vorbereitet
Im schwäbischen Landkreis Augsburg sind am Samstagmittag ein Deich und ein Damm gebrochen. Das teilte das Landratsamt mit. Bewohner in bestimmten Strassenzügen in dem Ort Diedorf müssen ihre Wohnhäuser verlassen. Aufgrund der hohen Wassermassen werde eine Evakuierung im Diedorfer Ortsteil Anhausen vorbereitet, teilte das Landratsamt Augsburg mit. «Es ist nicht mehr ausreichend, sich in höhere Stockwerke zu begeben.»
In Burgwalden sei ein Damm gebrochen und ein Deich am Anhauser Weiher gab nach. Alle Bewohnerinnen und Bewohner der betroffenen Bereiche sollten sich unverzüglich innerhalb der nächsten Stunde selbstständig in die Diedorfer Schmuttertalhalle begeben. Die Behörden riefen auch auf, sich von Bahnunterführungen fernzuhalten. Teils könnten Fluten dort abfliessen. Es bestehe Lebensgefahr.
Es sei damit zu rechnen, dass die Pegelstände in den kommenden Stunden weiter stark ansteigen, teilte das Landratsamt in Augsburg am Samstagvormittag mit. Neben Bayern ist auch Baden-Württemberg stark betroffen. Menschen wurden bereits in Sicherheit gebracht – teils mit Booten. Für mehrere Landkreise rief der Deutsche Wetterdienst (DWD) die höchste Unwetterwarnstufe aus.
Seit Stunden fällt vor allem im Süden Deutschlands teils heftiger Regen. Laut DWD gelten für das westliche Schwaben, das Oberallgäu und Oberbayern die höchste Warnstufe 4. Dort seien teils Niederschlagsmengen von bis 120 Liter pro Quadratmeter möglich. Für Mittel- und Oberfranken gelte die Warnstufe 3 mit Regenmengen von 40 bis 70 Liter. Ab dem Nachmittag könne es punktuell in Nordbayern starke Gewitter geben.
Mancherorts wird Jahrhunderthochwasser befürchtet
Befürchtet wird mancherorts ein Jahrhunderthochwasser. Das ist eine rechnerische Grösse und bezeichnet ein Hochwasser, das im statistischen Mittel einmal in hundert Jahren erreicht oder überschritten wird. Viele Unwetterwarnungen gelten mit Stand Samstagmittag zunächst bis Sonntag, einige bis in den Montag hinein.
Nach Angaben der Meteorologen sind seit 8.00 Uhr am Freitag im bayerischen Sigmarszell-Zeisertsweiler 135 Liter pro Quadratmeter binnen 24 Stunden gefallen. In Kisslegg in Baden-Württemberg seien es 130 Liter gewesen. In mehreren Städten in den beiden Bundesländern kamen bis zum frühen Samstagmorgen Niederschlagsmengen von mehr als 100 Litern pro Quadratmeter innerhalb von 24 Stunden zusammen.
Grossflächige Überflutungen gab es bis Samstagmittag nicht. Allerdings traten vielerorts Flüsse und Bäche über die Ufer. Im schwäbischen Landkreis Unterallgäu sind rund 150 Menschen aufgerufen, freiwillig ihre Häuser zu verlassen. Allein in der Ortschaft Babenhausen seien rund 100 Menschen betroffen, sagte eine Sprecherin des Landratsamtes. Die Menschen sollten teils mit Booten geholt werden. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und Innenminister Joachim Herrmann (beide CSU) wollten noch am Samstag in das schwäbische Hochwassergebiet reisen.
Überflutete Strassen und Keller
In Bayern gab es bereits zahlreiche Einsätze bei der Polizei. Wie Sprecher der zuständigen Polizeipräsidien am Samstagmorgen mitteilten, konzentrierten sich die Einsätze vor allem auf Schwaben und das nördliche Oberbayern. Bei Autounfällen infolge des Regens wurden auf der Autobahn 9 am Freitag nach Polizeiangaben mehrere Menschen verletzt. Immer wieder wurden Keller und Strassen überflutet. Einsatzkräfte und Anwohner von Flüssen mit steigenden Pegeln wappneten sich mit Sandsäcken.
Im baden-württenbergischen Friedrichhafen am Bodensee an der dortigen Messe wurde laut Feuerwehr ein zentrales Sandsack-Lager in Auftrag gegeben. Rund 10 000 Sandsäcke sollen demnach aus einem Nachbarkreis dorthin gebracht werden. Hunderte Einsatzkräfte von Feuerwehr, Technischem Hilfswerk und Deutschem Roten Kreuz halfen.
Besonders im Fokus steht dabei die Bodensee-Region: Wegen akuter Überflutungsgefahr wurde am Freitagabend rund 1300 Menschen in Meckenbeuren geraten, ihr Zuhause zu verlassen. Die Lage habe sich zwischenzeitlich ein wenig entspannt, sagte der Feuerwehrsprecher. Generell gehe man davon aus, dass die Pegelstände wieder etwas sinken könnten, da viel Wasser schon abgeflossen sei, etwa in den Bodensee. Eine Schule sei mit Sandsäcken gesichert worden, weil noch nicht klar sei, ob die Schussen an der Stelle überlaufen werde.
Untergeschosse meiden
Nicht weit entfernt in Weingarten bei Ravensburg sprach die Stadt am Morgen auch von einer entspannteren Lage. Entwarnung könne man aber noch nicht geben, sagte eine Sprecherin. Bewohnern war am Freitagabend geraten worden, bei Verwandten und Freunden ausserhalb der von steigenden Pegelständen gefährdeten Gebiete zu übernachten und Kellerräume und Untergeschosse zu meiden.
In Wangen im Allgäu war am Freitagabend Hochwasseralarm ausgelöst worden. Die Landesgartenschau bleibe aus Sicherheitsgründen am Samstag geschlossen, teilte eine Sprecherin der Stadt mit. «Es ist viel Wasser im Fluss, und es ist noch nicht klar, wie sich die Lage weiterentwickelt.»
Weiter teils kräftige Gewitter und Starkregen hat der Deutsche Wetterdienst (DWD) für Samstagnachmittag in Teilen Deutschland vorhergesagt. Betroffen seien das südliche Brandenburg, der Süden Sachsen-Anhalts, Ostthüringen, Sachsen und zum Abend hin Nordbayern und das nordwestliche Baden-Württemberg. Örtlich seien heftiger Starkregen mit 25 bis 40 Litern pro Quadratmeter binnen kurzer Zeit, Hagel und stürmische Böen möglich. In Regionen in Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Bayern sind Mengen von 80 Litern pro Quadratmeter binnen sechs Stunden nicht ausgeschlossen.
Am Sonntag könne es im Bereich zwischen Main und Donau ausgreifend auf den Münchner Raum ab den Mittagsstunden Gewitter und Starkregen geben – mit örtlich bis zu 40 Litern pro Quadratmeter in kurzer Zeit.