Synhelion eröffnet weltweit erste Solartreibstoffanlage
Im deutschen Jülich steht nun die erste Produktionsstätte für Solartreibstoff. Die Schweizer Firma Synhelion könnte den Markt revolutionieren.
Das Wichtigste in Kürze
- Synhelion hat seine erste Produktionsanlage in Deutschland eröffnet.
- Das Schweizer Unternehmen produziert synthetisches Rohöl durch Solarwärme.
- Mehrere grosse Abnehmer beteiligen sich an dem Geschäft.
Die Produktion der neuen Anlage in der Stadt Jülich (D) soll noch dieses Jahr starten: Mehrere Tausend Liter an synthetischem Treibstoff sollen damit hergestellt werden können. Das Schweizer Unternehmen Synhelion hat mit seinem Projekt zur alternativen Energiequelle bereits grosse Kunden gewonnen: Sowohl die Swiss und deren Mutterkonzern Lufthansa als auch Flugzeugbauer Pilatus und Autoimporteur Amag gehören dazu.
An dem in Lugano (TI) ansässigen Konzern sind auch das Ölunternehmen Eni, die SMS Group und Cemex beteiligt. 2019 produzierte Synhelion erstmals synthetisches Rohöl durch Solarwärme in einer Miniaturanlage auf dem Dach der ETH Zürich. Die Firma gründete sich 2016 als Abspaltung der ETH.
Von Sonnenenergie zu synthetischem Rohöl
Die Anlage in Deutschland besteht aus einem 20 Meter hohen Solarturm und einem Spiegelfeld. In der Anlage werden Temperaturen von 1500 Grad erreicht.
Diese wandeln in einem thermochemischen Reaktor Wasser und eine Kohlenstoffquelle in Synthesegas um. Bei dem Synthesegas handelt es sich um ein Gemisch aus H2 und CO. Dank eines thermischen Energiespeichers kann die Produktion rund um die Uhr laufen.
Die Anlage produziert synthetisches Rohöl, genannt Syncrude. Anschliessend wird dieses Zwischenprodukt in einer konventionellen Ölraffinerie zu Treibstoffen verarbeitet. Synhelion wird so neben solarem Kerosin für die Luftfahrt auch solares Benzin produzieren. Ebenfalls wird solarer Diesel für den Strassenverkehr und die Schifffahrt hergestellt.
Solartreibstoffe: Die Energie der Zukunft?
«Solartreibstoffe können fossile Treibstoffe direkt ersetzen und sind mit der weltweit bestehenden Treibstoff-Infrastruktur vollständig kompatibel: Von der Lagerung über den Transport bis hin zu den Verbrennungsmotoren und Flugzeugtriebwerken», hiess es. Die Anlage in Jülich habe 20 Millionen Franken gekostet, sagte Synhelion-Co-Geschäftsführer Gianluca Ambrosetti im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AWP.
Das Unternehmen denkt aber bereits weiter: In Spanien soll ab dem nächsten Jahr die weltweit erste kommerzielle Anlage für Solartreibstoffe gebaut werden. Da die Sonne dort vergleichsweise häufig scheint, bietet sich der Standort an: Insgesamt sollen dort rund 1000 Tonnen Treibstoff pro Jahr produziert werden.
Ausblick auf zukünftige Projekte
Dies ist markant mehr als in Jülich, wo die Anlage nur mehrere Tausend Liter jährlich herstellt. Erste Lieferungen werden ab 2027 erwartet. Diese Anlage wird ein Mehrfaches der Anlage in Deutschland kosten. Dafür laufe jetzt die Finanzierungsrunde und die Suche nach Investoren, sagte Ambrosetti.
Amag-Chef Helmuth Ruhl sagte, dass die Amag an der Finanzierungsrunde für die Anlage in Spanien teilnehme. Und man habe zugesichert, das dort produzierte Benzin abzunehmen. Anschliessend plant Synhelion weitere Anlagen in Europa, den USA und im Nahen Osten.
Diese sollen die Grösse der ersten beiden Anlagen noch deutlich übertreffen und damit noch eine sehr viel höhere Produktionskapazität bieten. Diese Anlagen dürften dann über eine Milliarde kosten, sagte Ambrosetti.
Synhelion's Vision: Eine Million Tonnen Solartreibstoff
Ab 2033 will Synhelion ein jährliches Produktionsvolumen von rund einer Million Tonnen Solartreibstoff erreichen, erklärte die Firma. Dies entspreche der Hälfte des Schweizer Bedarfs an Kerosin.
Mit der zunehmenden Menge wird auch der Treibstoff billiger, der heute noch massiv teurer ist als fossiler Treibstoff. Ab 2033 sollen Produktionskosten von einem Euro pro Liter Treibstoff erreicht werden.
Derzeit sei nachhaltiger Flugtreibstoff (SAF) noch vier- bis sechsmal teurer als herkömmliches Kerosin, sagte Swiss-Kommerzchefin Heike Birlenbach der AWP. Das sei ein enormer Kostenblock. Die Tankrechnung mache rund 30 Prozent der Betriebskosten der Swiss aus.
Swiss setzt auf nachhaltige Flugkraftstoffe
«Der grossflächige Einsatz von nachhaltigen Flugkraftstoffen ist einer der wichtigsten Massnahmen, um die CO₂-Ziele im Luftverkehr zu erreichen», sagte Birlenbach. Swiss-Chef Dieter Vranckx hatte vor eineinhalb Jahren geäussert: Die Airline wolle bis 2030 elf Prozent des Kerosins aus erneuerbaren Quellen beziehen.
Derzeit decken sie bei der Swiss nur 0,2 Prozent des Treibstoffbedarfs. «Im Jahr 2050 wollen wir dann ganz klimaneutral sein», hatte Vranckx gesagt.
Die EU schreibt Beimischanteile für nachhaltigen Flugtreibstoff vor. Ab nächstem Jahr müssen 2 Prozent des Verbrauchs aus SAF stammen. Ab 2030 ist eine Beimischquote von 20 Prozent Pflicht. Damit hat Synhelion Planungssicherheit, dass der synthetische Treibstoff auch verkauft werden kann.