Tesla, Dyson & Co bekämpfen jetzt den Beatmungsgeräte-Mangel
Weltweit kommt es aufgrund der Coronavirus-Erkrankungen zu Engpässen bei Beatmungsgeräten. Ein ETH-Professor ruft zu schnellem Handeln auf.
Das Wichtigste in Kürze
- Die grosse Zahl an Coronavirus-Infektionen erfordert weltweit mehr Beatmungsgeräte.
- ETH-Professor Torbjørn Netland fordert schnelle Reaktionen von Wirtschaft und Politik.
- Unternehmen wie Tesla oder Dyson beschäftigen sich nun mit der Beatmungsgeräte-Produktion.
- In der Schweiz ist aktuell kein Mangel absehbar.
Weltweit steigen die Zahlen der Coronavirus-Infektionen. Während die Welle in weiten Teilen der Schweiz derzeit gemässigt verläuft, schiessen die Fallzahlen andernorts in die Höhe. Damit werden die Gesundheitssysteme vor eine grosse Herausforderung gestellt: Viele COVID-19-Patienten mit schwerem Krankheitsverlauf benötigen künstliche Beatmung.
Vor zwei Wochen schlug der Gouverneur des Bundesstaats New York Alarm: Der Ostküsten-Staat allein brauche 30'000 zusätzliche Beatmungsgeräte. Im vergangenen Jahr belief sich die globale Produktion auf gerade einmal 77'000 Geräte, schreibt die NZZ.
Auch in Grossbritannien verschärft sich die Lage: Der nationale Gesundheitsdienst NHS verfüge derzeit über rund 9000 Beatmungsgeräte, sagte britische Gesundheitsminister Matt Hancock gegenüber «BBC». Zur Bewältigung der Krise brauche man jedoch 18'000 zusätzliche Geräte.
ETH-Professor fordert schnelles Handeln
Am vergangenen Montag rief Torbjørn Netland, Assistenzprofessor für Produktions- und Betriebsmanagement an der ETH, zu einer schnellen Reaktion auf. Die Hersteller versuchen bereits, ihre Produktion zu erhöhen, doch die Produktionsketten sind derzeit aufgrund der Massnahmen beeinträchtigt.
Wirtschaft, Forschung und Behörden müssen nun zusammenarbeiten, so Netland: Man müsse die Lieferketten der Beatmungsgeräte abbilden und Engpässe bekämpfen. Diese könnten bei Zulieferern, aber auch in der Logistik entstehen. Genauso wichtig sei es aber auch, zu prognostizieren, wo die fertigen Geräte am dringendsten benötigt werden.
Alleine mit der Optimierung der bestehenden Produktionsketten ist das Problem jedoch nicht zu beheben: Man müsse auch Unternehmen, die die nötigen Voraussetzungen mitbringen, mit einbinden.
Tesla, Foxconn, Dyson nehmen Produktion auf
Dem Aufruf sind bereits verschiedenste Unternehmen gefolgt, ehe Netland ihn formuliert hatte. Vergangenen Sonntag zeigte Tesla einen Beatmungsgeräte-Prototyp. Wie das Unternehmen in einem Video zeigte, wird das Gerät hauptsächlich aus Teilen des Elektroautos «Model 3» gebaut.
Auch der Elektronik-Hersteller Foxconn hat angekündigt, Beatmungsgeräte herstellen zu wollen. Das Unternehmen ist als Hersteller vieler iPhones von Apple bekannt. Wie «The Verge» berichtet, will Foxconn im neuen Werk im US-Bundesstaat Wisconsin Beatmungsgeräte nach einem frei verfügbaren Bauplan herstellen.
Auch der britische Staubsauger-Hersteller Dyson widmet sich der Produktion von Beatmungsgeräten: Vor rund drei Wochen hatte der britische Premier Boris Johnson persönlich bei Firmenchef James Dyson um Hilfe gebeten. Experten erwarten den Höhepunkt der COVID-19-Welle in Grossbritannien in den kommenden Tagen. Wie «Forbes» berichtet, ist die Produktion bisher jedoch noch nicht angelaufen.
Schweiz: Keine Situation wie in Italien
Wie lebenswichtig Beatmungsgeräte sind, zeigten die dramatischen Berichte aus Italien. Die Geschichte von Priester Giuseppe Berardelli ging um die Welt. Der 72-jährige verzichtete zugunsten eines jüngeren Patienten auf das Beatmungsgerät und verstarb kurze Zeit danach.
Die Geschichte aus dem schwer getroffenen Bergamo war keinesfalls ein Einzelfall. Immer wieder mussten die Ärzte entscheiden, wer an die Beatmungsgeräte durfte. Solche Szenarien gab es in der Schweiz bisher nicht: Im Vergleich zu Ländern wie Italien, den Vereinigten Staaten und Grossbritannien besitzt die Schweiz ein hervorragendes Gesundheitssystem.
Mithilfe von Reservegeräten und nicht benötigten Geräten aus derzeit geschlossenen Operationssälen konnten die Kapazitäten bereits erhöht werden. Auch die Armee verfügt über aktivierbare Bestände. Somit gab es selbst aus den schwer betroffenen Kantonen wie dem Tessin und Genf keine Berichte über einen akuten Beatmungsgerätemangel. Sollten die Fallzahlen stabil bleiben, muss man sich um die inländische Versorgungslage daher keine Sorgen machen.