Tote in Berg-Karabach bei schwersten Kämpfen seit Jahrzehnten
Das Wichtigste in Kürze
- Die Gesamtzahl der Toten in Berg-Karabach seit Sonntag ist am Dienstag auf 114 gestiegen.
- Aserbaidschan setzte seine militärische Offensive am Dienstagmorgen fort.
Bei den schwersten Kämpfen seit Jahrzehnten sind in Berg-Karabach alleine auf armenischer Seite deutlich mehr als 100 Menschen getötet worden. Die Gesamtzahl der Toten seit Sonntag stieg am Dienstag auf 114 in Berg-Karabach. Darunter Dutzende Soldaten und viele Zivilisten, wie die armenischen Behörden mitteilten.
Genaue Opferzahlen aus Aserbaidschan waren zunächst nicht bekannt. Es gebe aber zehn tote Zivilisten, hiess es aus der Hauptstadt Baku. Die blutigen Gefechte lösten international grosse Sorge aus.
Die Kämpfe im Südkaukasus dauern seit Sonntag an. Aserbaidschan setzte seine militärische Offensive am Dienstagmorgen fort. Die Truppen bewegten sich in Richtung der Stadt Füsuli. Sie zerstörten vier armenische Panzer, wie das Verteidigungsministerium mitteilte.
In der Stadt Gadrut starb eine ältere Frau bei einem aserbaidschanischen Drohnenangriff auf den Hof eines Hauses. Dies teilten die dortigen Behörden mit. Drei Bewohner wurden verletzt.
Kriegszustand in Aserbaidschan und Armenien
Es handelt sich um die schwersten Gefechte seit Jahren. Zuletzt gab es 2016 ähnlich schwere Gefechte, damals starben rund 120 Menschen. Nun haben beide Länder den Kriegszustand verhängt. Die Streitkräfte der ölreichen Republik Aserbaidschan sind denen des verarmten Landes Armenien um ein Vielfaches überlegen.
Aserbaidschan hatte nach eigenen Angaben bereits am Sonntag sieben Dörfer in Berg-Karabach zurückerobert. Militärberichten zufolge nahmen die aserbaidschanischen Truppen in der Bergregion auch strategisch wichtige Anhöhen ein. Kämpfer aus Berg-Karabach versuchten den Angaben zufolge ohne Erfolg, die Stellungen wieder unter ihre Kontrolle zu bringen.
Der aserbaidschanische Präsident Ilham Aliyev warf der internationalen Gemeinschaft vor, «zuviel Geduld» mit Armenien zu haben. Seit 30 Jahren reagiere Armenien nicht auf Resolutionen der Vereinten Nationen, sich aus dem besetzten Gebiet Aserbaidschans zurückzuziehen, sagte er.
Die Türkei steht hinter Aserbaidschan
Die Türkei hatte sich bereits mit deutlichen Worten hinter Aserbaidschan gestellt und Armenien die Schuld an der Eskalation gegeben. Die Türkei stehe «mit allen Mitteln und ganzem Herzen» an Aserbaidschans Seite, hatte Präsident Recep Tayyip Erdogan betont. Der Kreml forderte Ankara auf, auf Aserbaidschan einzuwirken und das Land zu einer Waffenruhe und Verhandlungen zu bewegen. Bisherige Unterstützungserklärungen von türkischer Seite für Aserbaidschan hätten nur Öl ins Feuer gegossen, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow.
Guterres fordert zum Ende der Kämpfe auf
UN-Generalsekretär António Guterres sprach mit beiden Seiten und forderte sie zum sofortigen Ende der Kämpfe auf. Auch die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, betonte, sie beobachte den Konflikt mit Sorge. «Ich bin sehr beunruhigt über die Todesfälle und Verletzungen, über die berichtet wird, und die Schäden an Eigentum und Infrastruktur.»
Mehrere Mitglieder des UN-Sicherheitsrats beantragten, das Thema noch für Dienstag auf die Tagesordnung zu setzen. Die Initiative dafür soll von Deutschland und Frankreich ausgegangen sein.