Ukraine-Krieg: Das bedeutet Russlands Truppenrückzug aus Cherson
Russland hat im Ukraine-Krieg den Abzug der Truppen aus dem Gebiet Cherson begonnen. Experten schätzen den Abzug der Russen ein.
Das Wichtigste in Kürze
- Am Mittwoch hat Russland den Rückzug der russischen Armee aus Cherson angekündigt.
- Bei ihrem Abzug sollen die Truppen nun Infrastruktur zerstört und Strassen vermint haben.
- Ein Experte glaubt, dass Putin nun Kräfte sammelt, um eine Wiedereroberung voranzutreiben.
Unter dem Druck ukrainischer Gegenoffensiven ziehen sich Russlands Truppen aus einem strategisch wichtigen Teil des annektierten südlichen Gebiets Cherson zurück. Das hatte am Mittwoch Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu angeordnet.
Doch unbeschadet will Wladimir Putin das Gebiet westlich des Flusses Dnipro nicht zurücklassen. Denn laut britischen Geheimdiensten hätten russische Truppen etwa Brücken zerstört und mutmasslich Minen gelegt.
Putin will Kräfte für Gegenschlag im Ukraine-Krieg sammeln
«Der Rückzug ist keine Überraschung und ist von der Einsicht diktiert, dass sich die Gebiete westlich des Dnipro nicht halten lassen. Weil die Nachschublinien zu gefährdet sind», erläutert Russland-Experte Ulrich Schmid auf Anfrage von Nau.ch.
Aus seiner Sicht handelt es sich wohl um einen taktischen Rückzug. Denn Russland wolle seine «Kräfte sammeln, um im Ukraine-Krieg einen Gegenschlag vorzubereiten».
Da der Cherson-Rückzug ein «herber Rückschlag für Putin» sei, werde er «um so energischer eine Wiedereroberung vorantreiben». «Er hat sich selbst unter Zugzwang gesetzt, weil er das Gebiet Cherson ja Ende September annektiert hat.»
Fehlender Zusammenhalt bei Streitkräften?
Strategie- und Sicherheitsexperte Albert Stahel bezeichnet den russischen Abzug aus Cherson als «chaotisch und überstürzt», wie er auf Anfrage erklärt. Das könne ein Hinweis darauf sein, dass die russischen Streitkräfte zunehmend durch einen fehlenden Zusammenhalt bedroht seien.
«Streitkräften, die mit der Gefahr des Zerfalls der Führung und des Zusammenhaltes konfrontiert sind, bleibt aber am Ende nichts anderes übrig als Absetzbewegungen. Sollten die russischen Streitkräfte zerfallen, droht Russland aber wie im Februar 1917 eine politische Implosion.»
Russland verfüge über das grösste Arsenal an nuklearstrategischen Waffen. Sollte es zu einer Implosion des Staates kommen, wäre die Kontrolle über dieses Waffenarsenal gefährdet. Gerade deswegen wolle die US-Regierung mit Moskau über die Zukunft der nuklearstrategischen Waffen verhandeln.