Ukraine-Krieg: Einnahme von mehr Gebieten ist «reiner Bluff»
Im Ukraine-Krieg hat Russen-Aussenminister Lawrow gedroht, weitere Gebiete zu besetzen. Politologe Albert Stahel winkt ab.
Das Wichtigste in Kürze
- Russlands Aussenminister drohte am Mittwoch, weitere Gebiete der Ukraine zu besetzen.
- Es ist eine Reaktion auf die westlichen Waffenlieferungen.
- Nau.ch hat mit Politologe Albert Stahel über Lawrows Aussagen gesprochen.
Nach den Worten von Aussenminister Sergej Lawrow begrenzt Russland seine Ziele im Ukraine-Krieg nicht mehr nur auf den Donbass.
«Die Geografie ist jetzt schon eine andere», sagte der russische Chefdiplomat am Mittwoch im Interview des staatlichen Fernsehsenders RT. Es gehe nun auch um «eine Reihe anderer Territorien», so Lawrow. «Dieser Prozess geht weiter, er geht folgerichtig und mit Nachdruck weiter.»
Warum? Lawrow begründet den Schritt als Reaktion auf westliche Waffenlieferungen mit grösserer Reichweite. Er erinnerte zudem daran, dass es für Russland im Ukraine-Krieg um die Entmilitarisierung der Ukraine gehe.
Russland geht's um Entmilitarisierung im Ukraine-Krieg
Nehmen Putin und sein Gefolge jetzt also auch den Süden der Ukraine ins Visier? Nau.ch hat bei Albert Stahel, Strategie- und Sicherheitsexperte, nachgefragt.
Stahel sagt: «Aufgrund früherer Aussagen von Wladimir Putin kann abgeleitet werden, dass er das alte Novarossya der Zaren als Teil von Russland wieder begründen will.»
Dies wären Gebiete der Ukraine, die sich von Charkiw über den Donbass bis an die Schwarzmeerküste mit Odessa erstrecken würden.
Aber: Russland habe gar nicht genügend militärische Mittel, um die gesamte Ukraine erobern und besetzen zu können. «Die Drohungen von Lawrow sind deshalb als reiner Bluff zu interpretieren», so Stahel.
Waffenarsenal aus Sowjetzeit
«Ich bezweifle auch, dass es Russland gelingen könnte, das gesamte Novarossya erobern zu können. Die Ukrainer verfügen dank der US-Waffenlieferungen über die modernsten Mehrfachraketenwerfer, die es gibt.»
Russland hingegen verfüge im Ukraine-Krieg über ein Waffenarsenal, «das mehrheitlich noch aus der Sowjetzeit stammt», erläutert der Politologe.
Stahel geht weiter davon aus, «dass Putin mit seinen Abstandswaffen die Städte und die Infrastruktur der Ukraine weiterhin zertrümmern wird.» Den Vernichtungskrieg könne der Kreml-Herrscher ungehindert fortsetzen.