Ukraine Krieg: Expertin warnt vor Hunger-Unruhen im Nahen Osten
Russland blockiert im Ukraine-Krieg den Export von Getreide. Falls die Krise andauert, könnte dies insbesondere für den Nahen Osten verheerende Folgen haben.
Das Wichtigste in Kürze
- Riesige Mengen Getreide können wegen des Kriegs nicht aus der Ukraine exportiert werden.
- Im Nahen Osten seien wegen der hohen Getreidepreise Unruhen möglich, sagt eine Expertin.
- Es droht eine Zunahme von Protesten und mehr Migration nach Europa.
In Odessa warten aktuell gut 25 Millionen Tonnen Getreide darauf, exportiert zu werden. Die russische Blockade des Hafens verhindert dies jedoch. Mit dramatischen Folgen für den Nahen Osten, wie Corinne Fleischer, Leiterin des Uno-Welternährungsprogramms in der Region im «SRF»-Interview erklärt.
Zwar sollen Weizen, Gerste und Mais von Odessa nicht nur in den Nahen Osten gehen. Auch Maghreb und Afrika hoffen auf die Lieferungen. Der Nahe Osten ist aber besonders abhängig vom ukrainischen Getreide. Laut Fleischer liegt dies vor allem an der geographischen Lage und an der ohnehin grossen Abhängigkeit von Importen.
Menschen geben Grossteil ihres Geldes für Nahrungsmittel aus
Als Folge der Getreide-Blockade im Ukraine-Krieg explodieren die Preise in der Region regelrecht. «Der Weltmarkt spielt verrückt und deshalb gehen die Preise hoch», sagt Fleischer gegenüber «SRF». Dies führe dazu, dass viele Menschen sich den Kauf von Essen nicht mehr leisten können.
Im Schnitt müssen die Menschen in den betroffenen Ländern zwischen 50 und 75 Prozent ihres Einkommens in Nahrungsmittel investieren. Viele Lebensmittel seien im Nahen Osten zudem subventioniert, so Fleischer: «Diese Subventionen sind aufgrund der erhöhten Preise unter Druck.»
Fleischer warnt angesichts der steigenden Preise vor drohenden Unruhen – nicht nur, aber besonders im Nahen Osten. Sie betont: «Wenn die Leute nicht mehr genug zu essen haben, haben sie nichts mehr zu verlieren.» Neben gewaltsamen Protesten könnte dies auch eine Zunahme der Migration nach Europa zur Folge haben.
Blockade als Druckmittel Putins im Ukraine-Krieg
Für Fleischer ist klar, die Häfen im Schwarzen Meer müssen sofort wieder geöffnet werden, es bleibe keine Zeit mehr. «Der Weizen muss wieder exportiert werden können, damit sich die Weltmärkte beruhigen», fordert die Expertin. Falls das Getreide und auch der Dünger nicht wieder ausgeführt werden, drohe eine Hungerkatastrophe.
Die Frage bleibt, wie man die Häfen im laufenden Ukraine-Krieg wieder öffnen will. Wladimir Putin knüpft das Ende der Getreide-Blockade an Lockerungen in Sachen Sanktionen. Ein militärisches Durchbrechen der Sperre, über das teilweise diskutiert wird, scheint schwer durchführbar.