Ukraine Krieg: Flüchtlinge erzählen von russischen Filtrationslagern
Die aus dem Asow-Stahlwerk Evakuierten wurden von Russen in einem Filtrationslager kontrolliert. Damit wendet Putin im Ukraine-Krieg jetzt Stalin-Methoden an.
Das Wichtigste in Kürze
- Erst kürzlich konnten die letzten Zivilisten aus dem Asow-Stahlwerk gerettet werden.
- Diese erzählen nun, wie sie von Russen in einem Filtrationslager kontrolliert wurden.
- Wer Verbindungen zur Armee hatte, wurde im Lager festgehalten.
Die Flüchtlinge aus dem Asow-Stahlwerk in Mariupol haben im Ukraine-Krieg Furchtbares erlebt. Erst letzte Woche konnten sie während einer Feuerpause evakuiert und mit Bussen in die Stadt Saporischschja gebracht werden.
Jedoch sind nicht alle von ihnen in Sicherheit: Die Flüchtlinge berichten gegenüber dem SRF, wie sie unterwegs von den Russen angehalten und in Filtrationslager gebracht wurden. Einige durften nach der Kontrolle nicht weiterreisen.
Ukraine-Krieg: Russen «filtern» Flüchtlinge
«Frauen und Männer werden auf unterschiedliche Zelte aufgeteilt», erzählt die junge Lera in der Sendung «10vor10». «Es wird kontrolliert, ob man in der Armee dient. Dazu wird der Körper auf blaue Flecken abgesucht, welche Schutzwesten hinterlassen. Die Hände werden darauf kontrolliert, ob man Waffen benutzt hat.»
Die Ukrainerin konnte das Lager nach nur einer Nacht verlassen, wie sie SRF-Korrespondentin Luzia Tschirky erzählt. Jedoch wurden zwei der Asow-Flüchtlinge von den Russen festgehalten, darunter die Mutter eines kleinen Mädchens. «Sie war früher Ärztin in der ukrainischen Armee. Das haben die Kontrolleure im Lager aufgrund von Fotos in den sozialen Medien herausgefunden», erzählt Lera.
Sie brachte das vierjährige Kind nach Saporischschja in Sicherheit zu ihrer Familie. Die Ärztin wird immer noch von den Russen im Lager festgehalten. Dabei ist sie vermutlich eine von vielen Ukrainern und Ukrainerinnen.
Jedoch weiss niemand genau, wie viele Menschen sich im Ukraine-Krieg in diesen Lagern in Gefangenschaft befinden. «Niemand sagt irgendetwas», erklärt eine Frau, deren Mann in einem solchen Lager sitzt, gegenüber SRF. «Man sagt mir, ich solle mir keine Sorgen machen, die Menschen in den Filtrationslagern würden sich in Sicherheit befinden. Aber ich verstehe, dass dies nicht der Fall ist.»
Denn: Auch wenn die Gefangenen nach der Kontrolle doch noch freigelassen werden, können sie nicht zurück zu ihren Familien. Die russische Armee erlaubt nämlich nur eine Ausreise nach Russland, und nicht in von der Ukraine kontrollierte Gebiete. Zudem gibt es Berichte, dass die Verschleppten teilweise streng verhört und auch gefoltert würden.
Wladimir Putin wendet Stalin-Methoden an
Diese Methoden hat sich Wladimir Putin wohl von Stalin abgeschaut. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden nämlich auch in der damaligen Sowjetunion solche Filtrationslager eingerichtet.
In diesen wurden befreite Kriegsgefangene der Deutschen zuerst kontrolliert, bevor sie in die Heimat zurückkehren durften. So wollte die sowjetische Geheimpolizei NKWD sogenannte «Volksfeinde» aufspüren.