Ukraine Krieg: Prigoschin zieht sich mit Wagner-Söldnern zurück
Wagner-Boss Jewgeni Prigoschin hat mit seiner Wagner-Truppe einen Putschversuch gewagt, zieht sich nun nach eigenen Angaben wieder zurück.
Das Wichtigste in Kürze
- Russland hat Ermittlungen gegen Prigoschin wegen eines Aufstands-Aufrufs gestartet.
- Der Wagner-Boss ist in die russische Stadt Rostow einmarschiert, um sich zu rächen.
- Am Abend teilte er mit, sich mit seinen Wagner-Truppen wieder zurückzuziehen.
00.15: Prigoschin wird laut Kremlsprecher Dmitri Peskow ungehindert nach Belarus gehen. Als Garantien für den freien Abzug habe er «das Wort des Präsidenten». Zudem werde das Strafverfahren gegen den Chef der Wagner-Truppe eingestellt.
Auch Söldner sollen angesichts ihrer Verdienste an der Front in der Ukraine nicht strafrechtlich verfolgt werden, wie Peskow versicherte. Vielmehr werde einem Teil der Söldner ein Angebot unterbreitet, sich vertraglich zum Dienst in den russischen Streitkräften zu verpflichten.
23.35: Der Kreml sieht keinen Einfluss des bewaffneten Aufstands auf den Fortgang des Kriegs gegen die Ukraine. Die Situation wirke sich nicht auf den Verlauf der «militärischen Spezialoperation» gegen die Ukraine aus, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow.
Peskow sagte auch, dass ihm nicht bekannt sei, dass sich die Haltung von Präsident Wladimir Putin gegenüber Verteidigungsminister Sergej Schoigu geändert habe. Als Chef der russischen Privatarmee Wagner hatte Prigoschin Minister Schoigu und Generalstabschef Waleri Gerassimow Unfähigkeit vorgeworfen und die beiden für die vielen Niederlagen in dem Krieg verantwortlich gemacht. Er sagte immer wieder, dass der Krieg mit dem Minister und Gerassimow nicht zu gewinnen sei. Personalfragen seien aber nicht Gegenstand der Gespräche zur Beendigung des Aufstandes gewesen, sagte Peskow.
22.30: Angehörige der berüchtigten russischen Söldnertruppe Wagner haben die südrussische Stadt Rostow am Don verlassen. Die Lastwagenkolonnen mit den Söldnern, begleitet von Panzern und Gefechtsfahrzeugen, kehrten in der Nacht zum Sonntag (Ortszeit) in ihre Feldlager ausserhalb der Stadt zurück, berichtete die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass unter Berufung auf Gouverneur Wassili Golubjow.
22.10: Das Strafverfahren gegen den Chef der russischen Privatarmee Wagner, Jewgeni Prigoschin, wegen des bewaffneten Aufstands gegen die Militärführung wird laut Kreml eingestellt. Prigoschin selbst werde nach Belarus gehen, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Samstag der russischen Nachrichtenagentur Interfax zufolge.
21.20: Angesichts des Aufbegehrens der russischen Söldnertruppe Wagner hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zum Sturz von Präsident Wladimir Putin aufgerufen. «Je länger dieser Mensch im Kreml ist, desto grösser wird die Katastrophe», sagte Selenskyj am Samstag in seiner täglichen Videobotschaft – diesmal aber auf Russisch und an die Russen gerichtet.
Je länger die russischen Truppen in der Ukraine seien, desto mehr Verwüstung würden sie später nach Russland bringen. Der Sieg der Ukraine nach dem russischen Einmarsch vor 16 Monaten sei dabei «gewiss», zeigte Selenskyj sich erneut zuversichtlich.
Prigoschin stoppt Wagner-Vormarsch auf Moskau
19.35: Der Söldnerchef Jewgeni Prigoschin hat den Vormarsch seiner Truppen auf die russische Hauptstadt Moskau nach eigenen Angaben gestoppt. «Unsere Kolonnen drehen um und gehen in die entgegengesetzte Richtung in die Feldlager zurück», sagte er in einer von seinem Pressedienst auf Telegram veröffentlichten Sprachnachricht. Er wolle verhindern, dass russiches Blut vergossen werde.
Zuvor hatte das Büro des belarussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko mitgeteilt, er sei mit dem Wagner-Chef zu einer Übereinkunft gekommen.
19.00: Die russischen Behörden haben an mindestens einem Abschnitt des Moskauer Autobahnrings einen Kontrollpunkt eingerichtet. Auf einem Video der staatlichen Nachrichtenagentur Ria Nowostiwaren sind Soldaten, ein Schützenpanzer und eine Sandsacksperre zu sehen.
18.35: Die Aufständischen der Söldner-Truppe Wagner planen nach Angaben des Vizechefs des russischen Sicherheitsrates, Dmitri Medwedew, einen Staatsumsturz. «Es ist offensichtlich, dass es sich um eine gut durchdachte und geplante Operation handelt, deren Ziel es ist, die Macht im Lande zu übernehmen», sagte Medwedew am Samstag nach Angaben russischer Agenturen. Die Aktionen derer, die den Militäraufstand organisiert hätten, passten «voll und ganz in das Schema eines gut durchdachten und orchestrierten Staatsumsturzes», so der frühere russische Staatschef.
18.10: Moskaus Bürgermeister Sergej Sobjanin hat den Montag in der russischen Hauptstadt aus Sicherheitsgründen zu einem arbeitsfreien Tag erklärt und die Bürger aufgefordert, zu Hause zu bleiben. «In Moskau ist der Anti-Terror-Notstand ausgerufen worden. Die Lage ist schwierig», räumte Sobjanin am Samstag auf seinem Telegram-Kanal ein. Die Schliessung der Betriebe und die Bitte an die Bürger, daheim zu bleiben, diene der «Minimierung der Risiken». Es könne teilweise zu Strassensperrungen kommen.
Wagner-Truppen auf halbem Weg nach Moskau
18.00: Bei ihrem bewaffneten Aufstand gegen die russische Führung hat die Söldnereinheit Wagner nach Behördenangaben auf dem Weg vom südrussischen Rostow am Don nach Moskau inzwischen die Region Lipezk erreicht. Im Gegensatz zur weiter südlich gelegenen Region Woronesch gab es keine Berichte über Kämpfe.
Auf Videos waren aber in den Strassengraben gekippte Lastwagen zu sehen. Sie waren offenbar eilig als Strassensperre aufgebaut worden, um die Kolonne der Söldnereinheit Wagner aufzuhalten. Auf weiteren Videos war zu sehen, wie Strassen aufgerissen und tiefe Gräben ausgehoben werden. Auch dies sollte offenbar dazu dienen, die Söldner zu stoppen. Die Echtheit der Videos konnte zunächst nicht unabhängig bestätigt werden.
In the #Lipetsk region, they are destroying part of the road to stop mercenaries moving toward #Moscow. pic.twitter.com/DjOgUcHRH9
— NEXTA (@nexta_tv) June 24, 2023
16.25: Der Gouverneur der Region Lipezk, Igor Artamonow, hat bestätigt, dass die Wagner-Soldaten seine Region erreicht hätten. Das würde bedeuten, die Truppen befänden sich rund 400 Kilometer von der Hauptstadt Moskau entfernt. Die Situation sei zwar unter Kontrolle und die Sicherheit gewährleistet. Dennoch sollen die Menschen in ihren Häusern bleiben.
Erdogan sichert Putin «volle Unterstützung» zu
16.10: Russlands Präsident Wladimir Putin hat mit dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan über die Lage in Russland nach dem Aufstand des Söldnerchefs Jewgeni Prigoschin gesprochen. Erdogan habe in dem Telefonat seine «volle Unterstützung der von der russischen Führung unternommenen Schritte» erklärt, teilte der Kreml am Samstag der staatlichen Nachrichtenagentur Tass zufolge mit. Das Telefonat sei auf Initiative der Türkei zustande gekommen.
14.59: Die deutsche Regierung berät laut dem Auswärtigen Amt mit wichtigen internationalen Partnern über die Situation in Russland.
«Aussenministerin (Annalena) Baerbock hat sich gerade mit den Aussenministerinnen und Aussenministern der G7 über die Lage beraten», teilte ein Sprecher des Auswärtigen Amts am Samstagnachmittag in Berlin mit. Zu den G7 gehören neben Deutschland auch Frankreich, Italien, Japan, Kanada, die USA und Grossbritannien.
14.55: Verteidigungsministerin Viola Amherd hat am Mitte-Sommerparteitag in Sursee Stellung genommen zu den aktuellen Ereignissen in Russland. Die Situation verändere sich stündlich, die Lage sei sehr unübersichtlich.
«Unsere Leute beim Bund verfolgen die Situation ganz genau», sagte sie. Der Nachrichtendienst habe sie heute früh schon informiert über die Entwicklungen.
Die Arbeiten im Krisenmanagement-Zentrum liefen auf Hochtouren. Die Frage, was die aktuelle Situation für allfällige Schweizer Bürgerinnen und Bürger, die noch im Land seien, bedeute, werde derzeit diskutiert.
Explosion in Woronesch
14.44: Die russische Armee hat Wagner-Stellungen in der Region Woronesch angegriffen, wie Regionalgouverneur Alexander Gussew auf Telegram schreibt.
Videoaufnahmen zeigen einen fliegenden Hubschrauber und eine Explosion an einem Öldepot in Voronezh, Russland. https://t.co/esr0xIaf4z pic.twitter.com/ukWDqEhpBk
— Die Weltwoche (@Weltwoche) June 24, 2023
Im Netz kursieren Aufnahmen der Angriffe, Bilder zeigen brennende Öl-Depots. Berichten zufolge gehören sie der Wagner-Gruppe und wurden von der russischen Armee attackiert.
14.29: Flieht der russische Präsident Wladimir Putin aus Moskau? Laut dem ehemaligen stellvertretenden Innenminister der Ukraine, Anton Geraschenko, soll Putins Präsidentenmaschine auf dem Weg von Moskau nach St. Petersburg sein. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow dagegen teilt mit, Putin sei im Kreml.
Selenskyj sieht Putin geschwächt
13.42: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sieht im Wagner-Putschversuch ein klares Zeichen der Schwäche von Kremlchef Wladimir Putin.
«Die Schwäche Russlands ist offensichtlich», schrieb Selenskyj am Samstag beim Kurznachrichtendienst Twitter. Je länger Russland Truppen und Söldner in der Ukraine halte, «desto mehr Chaos, Schmerz und Probleme wird es später für sich selbst haben».
Weiter sagte Selenskyj: «Lange Zeit bediente sich Russland der Propaganda, um seine Schwäche und die Dummheit seiner Regierung zu verschleiern. Und jetzt ist das Chaos so gross, dass keine Lüge es verbergen kann.»
13.36: Die deutsche Regierung steht laut Aussenministerin Annalena Baerbock wegen des Wagner-Aufstands in «engstem Austausch» mit Deutschlands Partnerländern. «Die Entwicklungen in Russland beobachten wir seit gestern Abend sehr aufmerksam», schrieb die Grünen-Politikerin am Samstag auf Twitter.
Ukraine-Berater hält russischen Bürgerkrieg für möglich
13.04: Der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak hält das Schicksal von Kremlchef Wladimir Putin für offen. «Die nächsten 48 Stunden werden über den neuen Status von Russland entscheiden», schrieb er am Samstag auf Twitter.
Möglich seien ein «ausgewachsener Bürgerkrieg», ein «ausgehandelter Machtübergang» oder auch eine «vorübergehende Atempause vor der nächsten Phase des Sturzes des Putin-Regimes». «Alle potenziellen Akteure entscheiden jetzt, auf welcher Seite sie stehen.» In Russland herrsche gerade ein «ohrenbetäubendes Schweigen der Elite».
12.04: Lokale Behörden melden Kämpfe im Gebiet Woronesch im Südwesten Russlands. «Im Rahmen einer Anti-Terror-Operation führen die Streitkräfte der Russischen Föderation auf dem Gebiet der Region Woronesch notwendige operativ-kämpferische Massnahmen durch», schrieb Gouverneur Alexander Gussew am Samstagmittag auf Telegram. Unabhängig überprüfen liessen sich die Angaben zunächst nicht.
Prigoschin: «Sind Patrioten»
11.47: Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin hat Präsident Wladimir Putin eine Fehleinschätzung der Lage um den bewaffneten Aufstand seiner Söldner vorgeworfen. «Der Präsident irrt sich schwer», sagte Prigoschin am Samstag in einer Sprachnachricht auf seinem Telegram-Kanal. «Wir sind Patrioten unserer Heimat.»
11.10: Deutschland warnt seine Bürger vor Besuchen im Moskauer Stadtzentrum. «Aufgrund aktueller Ereignisse» sollten von einer Teilreisewarnung betroffene «Verwaltungsgebiete und insbesondere die Stadt Rostow sowie das Umland gemieden werden.» Das teilte das Auswärtige Amt am Samstag mit.
London appelliert gar an britische Staatsbürger, zu erwägen, Russland zu verlassen. Die britische Regierung warnt vor einer Ausweitung der Kämpfe auf das ganze Land.
10.21: Der Wagner-Aufstand ist nach Ansicht britischer Geheimdienste für den russischen Staat die «grösste Herausforderung» der jüngeren Zeit.
«In den kommenden Stunden wird die Loyalität der russischen Sicherheitskräfte und insbesondere der russischen Nationalgarde entscheidend für den Verlauf der Krise sein», betonte das Verteidigungsministerium in London am Samstag.
Es gebe bisher nur «sehr begrenzte Beweise» für Kämpfe zwischen Wagner und Sicherheitskräften. Dies deute darauf hin, dass einige russische Truppen wahrscheinlich «passiv» geblieben seien und Wagner nachgegeben hätten.
9.34: Putin hat die Blockade wichtiger Objekte in der südrussischen Stadt Rostow am Don durch die Söldnertruppe Wagner bestätigt. «Faktisch ist die Arbeit von Organen der zivilen und militärischen Führung blockiert», sagte er in seiner Rede.
Putin spricht von «innerem Verrat»
9.15: Präsident Putin hat sich mit einer Rede ans Volk gewandt. «Der Kampf um das Schicksal unseres Volkes gegen den Westen braucht Einheit.» Prigoschins spaltende Aktionen seien ein Verrat an «unseren Waffenbrüdern».
Es sei ein Stich in den Rücken des russischen Volkes – Putin spricht von einem «inneren Verrat.» «Die Situation in Rostow bleibt kompliziert». Er habe den Befehl gegeben, die Anführer der Revolte zu neutralisieren.
8.53: Russlands Verteidigungsministerium hat die Wagner-Söldner zur Beendigung ihres bewaffneten Aufstands aufgefordert. Sie seien von Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin in ein «kriminelles Abenteuer» und die Teilnahme an einem bewaffneten Aufstand reingezogen worden, teilt das Ministerium in Moskau mit.
«Viele Ihrer Kameraden aus mehreren Einheiten haben ihren Fehler bereits erkannt, indem sie um Hilfe gebeten haben, damit sie sicher an ihre Einsatzorte zurückkehren können», hiess es. Den Kämpfern und Kommandeuren sei Unterstützung gegeben worden.
«Bitte seien Sie vernünftig und nehmen Sie schnellstmöglich Kontakt mit Vertretern des russischen Verteidigungsministeriums oder den Ordnungsorganen auf. Wir garantieren die Sicherheit aller.»
8.30: Die Behörden in Moskau und Umgebung haben den Anti-Terror-Notstand ausgerufen. «Um mögliche Terroranschläge in der Stadt und dem Gebiet Moskau zu verhindern, ist ein Regime für Operationen zur Terrorbekämpfung eingeführt worden.» Das teilte das nationale Anti-Terror-Komitee am Samstag mit. Die Sicherheitsvorkehrungen wurden verschärft.
Prigoschin attackiert russische Stadt
Wagner-Boss Jewgeni Prigoschin hat seine Söldner aus dem Ukraine-Krieg abgezogen und die russische Stadt Rostow angegriffen.
Am frühen Samstagmorgen vermeldete das Portal «Nexta», dass den Söldnern die Einnahme wichtiger Gebäude gelungen sei. Unter anderem sei das Militär-Hauptquartier und die FSB-Abteilung der Stadt unter ihrer Kontrolle.
Prigoschin sagte in einem am Samstagmorgen veröffentlichten Video, seine Kämpfer kontrollierten das Hauptquartier der russischen Armee für den Süden des Landes. Unabhängig überprüfen liess sich das zunächst nicht.
Am Freitagabend erhob der Söldner-Chef auf Telegram schwere Vorwürfe: Russland habe ein Lager seiner Truppe bombardiert. Moskau hat ein Verfahren gegen den 61-Jährigen wegen eines versuchten bewaffneten Aufstands eingeleitet. Zudem wurde ein Haftbefehl gegen ihn erlassen.