Ukraine-Krieg: Rückeroberung von Krim «kaum vorstellbar»
Selenskyj will im Ukraine-Krieg die Krim zurückerobern. Der stellvertretende Verteidigungsminister steckt das Ziel bis Dezember. Unrealistisch, so Experten.
Das Wichtigste in Kürze
- Kürzlich mussten sich die russischen Truppen aus der Stadt Cherson zurückziehen.
- Ukraines stellvertretender Verteidigungsminister will auch die Krim bis Dezember zurück.
- Experten halten dies für unwahrscheinlich.
In den letzten Wochen können ukrainische Truppen im Ukraine-Krieg Gebietsrückeroberungen verbuchen. So haben sich russische Truppen etwa aus Cherson gänzlich zurückgezogen.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj macht klar: Als Nächstes ist die Krim dran. Der stellvertretende Verteidigungsminister Wolodymyr Havrylov prognostiziert:
«Wir können bis Ende Dezember auf die Krim vorrücken. Möglich, möglich. Es ist nicht ausgeschlossen, dass es so sein wird», sagt er gegenüber «Sky News». Er habe das Gefühl, dass der Ukraine-Krieg bis zum Ende des Frühjahrs vorbei sein könnte, fügt Havrylov an.
Wie realistisch sind die ukrainischen Pläne?
Rückzug Russlands ist «kaum vorstellbar»
«Ein Rückzug Russlands aus der Krim ist zurzeit kaum vorstellbar», sagt der Russland-Experte Ulrich Schmid der Universität St.Gallen. Der Kreml sei zwar gezwungen gewesen, sich aus Cherson zurückzuziehen. Aber: «Die Situation auf der Krim ist anders.»
Die Krim sei als «Wiege der russischen Orthodoxie» ideologisch aufgeladen, erklärt Schmid. «Ausserdem ist der pro-ukrainische Teil der Bevölkerung auf der Krim seit 2014 weitgehend abgewandert.»
Auch der Politik- und Wirtschaftswissenschafter Alber A. Stahel der ETH Zürich ordnet das Szenario als eher unwahrscheinlich ein. Eine Rückeroberung der Krim wäre nur denkbar, wenn «die russische Armee zusammenbricht und anschliessend der russische Staat in Bürgerkriegen zerfällt». Das sei im Februar bis März 1917 der Fall gewesen, so Stahel.
Damit ist die Februarrevolution gemeint: Aufgrund von wachsender Unzufriedenheit kam es zu Streiks und Aufständen der Bevölkerung. Die Herrschaft der Zarenfamilie Romanow kam dadurch zu Fall.