Ukraine-Krieg: Schweizer Söldner würde bei Rückreise verhaftet
Der Schweizer Avi Motola kämpft im Ukraine-Krieg gegen die Russen. Würde er in die Heimat reisen, würde er sofort verhaftet werden.
Das Wichtigste in Kürze
- Ein Schweizer kämpft im Ukraine-Krieg an der Seite des Verteidigerlandes.
- In der Schweiz drohen ihm deshalb bis zu drei Jahren Gefängnis.
- Avi Motola zeigt sich enttäuscht über sein Heimatland und die Politik.
Er arbeitete früher in der Sicherheitsbranche, jetzt kämpft er im Ukraine-Krieg: Der Schweizer Avi Motola. Dabei wäre es ihm als Schweizer eigentlich verboten, in dem Land zu kämpfen. Unsere Regierung verbietet Staatsangehörigen den Dienst in fremden Armeen. Ein Verstoss wird mit bis zu drei Jahren Gefängnis bestraft.
Die SRF-«Rundschau» hat Motola bei einem Fronturlaub in Kiew besucht und die erwähnte Gesetzgebung angesprochen. Der Schweizer fasst sichtlich enttäuscht zusammen: «Wenn ich jetzt in die Schweiz, Deutschland oder Italien einreisen würde, würde ich auf der Stelle verhaftet und den Schweizer Behörden übergeben. In der Schweiz käme ich dann sofort in Untersuchungshaft.»
Derzeit führt die Militärjustiz sieben Verfahren gegen Schweizer, die im Ukraine-Krieg kämpfen. «Es ist vieles illegal, das eigentlich richtig wäre», sagt Motola und kritisiert die Schweiz direkt: «Ich denke, dieses Gesetz, gerade in dieser Situation, zeugt von einer grossen Feigheit eines Staates.»
Kopfschüttelnd erwähnt er weiter, dass Deutsche, Franzosen, Italiener in der Ukraine kämpfen könnten, ohne Konsequenzen – «soviel ich weiss». Er rümpft die Nase, wird etwas lauter und fährt fort: «Amerikaner, Israelis, alle kommen hier hin und gehen wieder heim und es wird ihnen für ihren Einsatz gedankt.»
Von der Schweizer Politik ist der 47-Jährige ebenfalls enttäuscht. Er ist der Meinung, das Land setze sich zu wenig für die Ukraine ein. «Die Schweiz kann meinen Pass haben, wenn sie ihn will zum Schluss. Das ist gar kein Problem.» Er rümpft wieder die Nase.
Keine kleinen Kinder mehr in Plastiksäcke verpacken...
Bis vor Kurzem war Avi Motola als Scharfschütze an der ostukrainischen Front im Einsatz. Videos der ukrainischen Armee zeigen die sogenannten «Sniper» im Einsatz. Der Mann aus Schaffhausen erklärt: «Du gehst mit deinem Team raus, positionierst dich aber als Backup. Es geht darum, eine möglichst grosse Fläche für das Team im Auge zu behalten.» Gegnerische Kräfte könnten so besser erkannt oder eliminiert werden – «wenn nötig», betont er.
Sniper verstecken sich hinter Mauern oder im hohen Gras, töten aus der Distanz. Der 47-Jährige betont aber: «Viele denken, dass Menschen wie ich hierherkommen, um Krieg zu spielen, um zu töten. Doch mir geht es um die Zivilisten, die ich retten kann.» Er wolle keine kleinen Kinder mehr in Plastiksäcke verpacken...
Kurz nach Beginn des Angriffskriegs reiste Motola in die Ukraine. Zunächst half er flüchtenden Zivilisten. Nach Bekanntwerden der Gräueltaten von Butscha meldete er sich bei der Armee. In dem Beitrag fährt der Schweizer mit der «Rundschau»-Crew in einem Taxi. Der Fahrer verwickelt ihn in ein Gespräch und spricht ihn auf Butscha an.
«Ja, wir waren die letzte Woche im März dort. Wir waren auf der ukrainischen Seite und haben den ständig von den Russen beschossenen Durchgang für die Zivilisten gesichert.» In Butscha selbst sei er im April gewesen. «Das ist schrecklich», ist vom Taxi-Fahrer zu hören und Motola fügt rasch an: «Ja, aber dasselbe passierte in Izium und Sjewjerodonezk wird noch kommen – glauben wir.»
Ukrainer erinnern Avi Motola an Berner Oberländer und Bündner
Der Schaffhauser gehört zu einer Elite-Einheit von Freiwilligen in der Ukraine, die unter anderem in den russisch besetzten Gebieten zum Einsatz kommen. Er ist in der ukrainischen Armee auf Zeit angestellt. Vor dem Krieg hatte er keinen Bezug zu diesem Land.
Er beschreibt die Ukrainer als «gute, bodenständige, sehr Schweiz ähnliche Menschen». Sie würden ihn an Berner Oberländer und Bündner erinnern, meint er nachdenklich. «Harte Chrampfer», die nicht viel auf der Seite hätten. «Wenn man ihnen hilft, nicht mit den Russen leben zu müssen, dann entstehen sehr bewegende Momente», sagt Motola.
Er streicht sich eine Träne aus dem Gesicht und meint, das sei der eigentliche Grund, warum er hierhergekommen sei. «Nicht um irgendwen», er lässt mitten im Satz ein Wort aus, «zu müssen...» Der Schaffhauser spricht schliesslich auch nicht gerne über den Fronteinsatz. Er teilt lieber Bilder von Menschen, denen er helfen konnte.