Ukraine-Krieg: So wenig nützt die Gegenoffensive bisher
Die ukrainischen Truppen haben mit ihrer Gegenoffensive im Ukraine-Krieg erste Dörfer eingenommen. Doch das habe erst symbolische Bedeutung, sagt ein Experte.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Ukraine konnte in der Region Donezk mehrere Dörfer einnehmen.
- Diese Rückeroberungen sind laut einem Experten aber nicht entscheidend.
- Er glaubt, dass die kommenden Tage für beide Seiten sehr verlustreich werden.
Der Ukraine ist es gelungen, im Osten des Landes mehrere Dörfer zurückzuerobern. Insgesamt sind bisher sieben Orte befreit und 90 Quadratkilometer wieder unter ukrainischer Kontrolle. Das teilte Vize-Verteidigungsministerin Hanna Maljar am Dienstag mit.
Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach dabei von einem Erfolg der bisherigen Gegenoffensive im Ukraine-Krieg. «Die Kämpfe sind hart, aber wir kommen vorwärts, und das ist wichtig.»
Doch ein Experte glaubt: Die Gegenoffensive der Ukraine hat bisher noch nicht viel genützt.
Für entscheidende Rückeroberungen fehle die Luftüberlegenheit
«Ich beurteile die Rückeroberung der Dörfer vorderhand nicht als entscheidend für den weiteren Kriegsverlauf», erklärt Militär-Experte Albert Stahel auf Anfrage. Den ersten Eroberungen messe er eher eine symbolische Bedeutung zu.
«Für entscheidende Rückeroberungen und Offensiven fehlt den Ukrainern bis jetzt die Luftüberlegenheit. Die Voraussetzung dafür wäre der Erhalt moderner Kampfflugzeuge.» Mit diesen könnten die russischen Erdkampfflugzeuge und Kampfhelikopter abgeschossen werden.
Denn die russischen Kampfhelikopter seien für die ukrainischen Panzerverbände «eine echte Bedrohung». Deshalb glaubt der Militär-Experte, dass der weitere Kriegsverlauf für beide Seiten in den kommenden Tagen sehr verlustreich sein wird.
«Taktik der verbannten Erde» im Ukraine-Krieg
«Russland könnte als Reaktion die Massenmobilisierung beschliessen. Nach wie vor hat Russland Ressourcen dafür», warnt Stahel. Die Ukraine hingegen würde durch die Verluste im Ukraine-Krieg immer mehr Soldaten verlieren.
Könnte Wladimir Putin auf die ersten Rückeroberungen der Ukraine mit Racheakten wie der Sprengung des Kachowka-Staudamms reagieren? «Nach wie vor ist nicht eindeutig geklärt, wer den Staudamm gesprengt hat», hält Stahel fest. Er würde die Sprengung des Dammes nicht als Racheakt bezeichnen.
«Die Sprengung wurde durch handfeste Überlegungen der Kriegführung bestimmt. Leider gehört zur Kriegführung auch die Taktik der verbrannten Erde.» Diese werde in langandauernden Kriegen immer eingesetzt. «Ziel: Vertreibung der Bevölkerung.»
Neue Phase
Osteuropa-Experte Anders Aslund sprach nach der Sprengung des Staudamms von einem Übergang in eine neue Phase. Ursprünglicher Plan Putins sei gewesen, die Ukraine inklusive Infrastruktur zu übernehmen, so der Schwede.
Jetzt habe der russische Präsident sein ursprüngliches Ziel aber «aufgegeben». «Die Sprengung des Kachowka-Staudamms steht für den Beginn der Zerstörung der Ukraine», schrieb er auf Twitter.