Ungarn erzwingt Aufhebung von EU-Sanktionen gegen Russen
Ungarn macht bei den Sanktionen gegen Russland von seinem Vetorecht Gebrauch. Mehrere Russen sollen von der Liste gestrichen werden.

Das Wichtigste in Kürze
- Die EU-Sanktionen gegen Russland stehen auf der Kippe.
- Grund dafür ist das Veto der ungarischen Regierung um Viktor Orbán.
- Mehrere Personen sollen von der Liste gestrichen werden, so die Forderung aus Budapest.
Ungarn hat mit seinem Vetorecht die Aufhebung von EU-Sanktionen gegen mehrere Russen erzwungen.
Unter den Personen, die künftig nicht mehr auf der EU-Sanktionsliste stehen werden, ist unter anderem der Oligarch Wjatscheslaw Mosche Kantor, wie mehrere Diplomaten der Deutschen Presse-Agentur bestätigten. Zudem gehe es um eine Schwester des bekannten russischen Unternehmers Alischer Usmanow und zwei weitere Personen.
In den vergangenen Tagen gab es bereits Berichte, wonach Ungarn mehrere Personen von der Liste streichen will. So schrieb die «Financial Times», dass unter anderem der Oligarch Michail Fridman befreit werden soll.
Die Sanktionen der EU, die rund 2200 Personen und Organisationen betreffen, müssen jeweils alle sechs Monate einstimmig verlängert werden. Am Samstag läuft die Frist wieder aus. Die ungarische Regierung um Premier Viktor Orbán blockierte die Verlängerung jetzt aber.
Orbán hält Russland-Sanktionen nicht für zielführend
Der genaue Hintergrund des ungarischen Vorgehens ist unklar. Ministerpräsident Viktor Orbán hatte allerdings bereits mehrfach erklärt, dass er die Russland-Sanktionen der EU grundsätzlich nicht für zielführend hält.

Die Sanktionen der EU umfassen in der Regel Reisebeschränkungen, das Einfrieren von Vermögenswerten sowie das Verbot der Bereitstellung von Geldern oder anderen wirtschaftlichen Ressourcen. Sie wurden in den meisten Fällen als Reaktion auf die aus EU-Sicht ungerechtfertigte und grundlose militärische Aggression Russlands gegen die Ukraine verhängt.
Das Risiko von Ungarns Vorstoss
Über die Forderungen Ungarns hatte es wochenlang Diskussionen gegeben, weil etliche Mitgliedstaaten sie zunächst nicht akzeptieren wollten. Als Risiko gilt, dass die Aufhebung der Sanktionen anderen Russen Argumente für Klagen gegen Strafmassnahmen geben könnte.
So hiess es beispielsweise im Sanktionsbeschluss gegen Kantor, dieser habe enge Verbindungen zu Präsident Wladimir Putin, die ihm geholfen hätten, sein beträchtliches Vermögen zu sichern. Er habe Putin bei zahlreichen Gelegenheiten offen seine Unterstützung und Freundschaft bekundet und unterhalte gute Beziehungen zum Kreml.
Dadurch habe er von russischen Entscheidungsträgern profitiert, die für die rechtswidrige Annexion der Halbinsel Krim durch Russland oder die Destabilisierung der Ukraine verantwortlich seien. Nach Angaben der EU ist Kantor ein grosser Anteilseigner von einem der grössten Düngemittelhersteller Russlands.
Estland fordert EU-Stimmrechtsentzug für Ungarn
Nachdem Ungarn die Aufhebung von EU-Sanktionen gegen mehrere Russen erzwungen hat, dringt Estland auf eine Aussetzung des Stimmrechts des Landes in der EU. «Ungarn arbeitet systematisch gegen die gemeinsamen Sicherheitsinteressen Europas, und deshalb müssen wir rasch konkrete Schritte unternehmen», sagte Aussenminister Margus Tsahkna in Tallinn.
Demnach sollte nach estnischen Vorstellungen ein Verfahren nach Artikel 7 des EU-Vertrags eingeleitet werden. Dieses sieht die Möglichkeit der Suspendierung der Stimmrechte von Mitgliedstaaten vor, sollten diese schwerwiegend und anhaltend gegen EU-Werte verstossen.