UNO: Mehr als 1300 Zivilisten im ersten Halbjahr in Afghanistan getötet
In Afghanistan sind in den ersten sechs Monaten des Jahres mehr als 1300 Zivilisten getötet worden.
Das Wichtigste in Kürze
- 327 Minderjährige unter den Opfern - US-Armee zweifelt Zahlen an.
Trotz eines deutlichen Rückgangs im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sei die Zahl der getöteten und verletzten Zivilisten nach wie vor «schockierend und inakzeptabel», erklärte die UN-Mission in Afghanistan (Unama) am Dienstag. Laut dem Unama-Bericht wurden mehr Zivilisten durch regierungstreue Truppen getötet als durch die Taliban und andere Islamistengruppen.
Zwar sei die Zahl der getöteten Zivilisten im ersten Halbjahr 2019 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um fast 30 Prozent gefallen, teilte Unama mit. Die Versuche der Konfliktparteien, die zivilen Opferzahlen zu verringern, seien aber nach wie vor «unzureichend». Bei fast einem Drittel der Opfer handelte es sich nach UN-Angaben um Kinder: 327 Minderjährige wurden demnach im ersten Halbjahr getötet und 880 weitere verletzt.
Laut Unama töteten regierungstreue Truppen und ihre Verbündeten, darunter die USA, im ersten Halbjahr 717 Zivilisten - ein Anstieg um 31 Prozent gegenüber dem ersten Halbjahr 2018. Die meisten von ihnen seien Luftangriffen der USA und der afghanischen Armee zum Opfer gefallen.
Die US-Armee wies die Angaben zurück. Der Sprecher der US-Truppen in Afghanistan, Sonny Leggett, zweifelte die «Methoden und Schlussfolgerungen» der UN-Mission an. Die US-Armee sei immer darum bemüht, Unbeteiligte zu schützen und untersuche jeden Bericht über zivile Opfer.
In Afghanistan sind rund 14.000 US-Soldaten stationiert. Seit Jahresbeginn wurden dort zwölf Mitglieder der US-Streitkräfte getötet. Für den jüngsten Angriff mit zwei Toten war nach Angaben der afghanischen Polizei ein einheimischer Soldat verantwortlich. Die Tat ereignete sich demnach während eines Besuchs von US-Streitkräften auf einem afghanischen Militärstützpunkt. Die USA verhandeln seit einem Jahr mit den radikalislamischen Taliban über eine Friedensvereinbarung für Afghanistan.
Unama-Direktor Tadamichi Yamamoto äusserte sich am Dienstag enttäuscht über die historischen innerafghanischen Gespräche Anfang Juli in Doha. Die Delegierten der Konfliktparteien hatten dort angekündigt, die Zahl der zivilen Todesopfer auf «null» zu reduzieren. Seither gab es jedoch mehrere Anschläge in Afghanistan, bei denen auch Zivilisten getötet oder verletzt wurden.
«Jeder hat die Botschaft der afghanischen Delegierten bei den Gesprächen in Doha laut und deutlich gehört», erklärte Yamamoto. Er rief «alle Parteien» dazu auf, ihr Versprechen einzuhalten und «sofortige Schritte» einzuleiten, um zivile Opfer zu vermeiden.
Nach UN-Angaben war 2018 das bislang tödlichste Jahr in dem seit 18 Jahren andauernden Konflikt in Afghanistan. 3804 Zivilisten wurden im vergangenen Jahr getötet, darunter 927 Kinder.