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Gefahr für ISS-Raumfahrer? - Russland schiesst Satelliten ab

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Russland,

Russland hat im All einen eigenen Satelliten zerstört. Nun - so lautet der Vorwurf aus den USA - bedroht eine Trümmerwolke die Menschen in der Internationalen Raumstation ISS. Moskau weist das zurück.

Die Astronauten der ISS brachten sich in angedockten Raumschiffen in Sicherheit. Foto: NASA/dpa
Die Astronauten der ISS brachten sich in angedockten Raumschiffen in Sicherheit. Foto: NASA/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Russland hat mit dem Abschuss eines ausgedienten Satelliten heftige Kritik auf sich gezogen.

Die US-Regierung warf Moskau vor, die Sicherheit von Raumfahrern auf der Internationalen Raumstation ISS durch den Test einer Anti-Satelliten-Rakete gefährdet zu haben.

Das russische Verteidigungsministerium bestätigte, das Militär habe am Montag «erfolgreich einen Test durchgeführt, infolge dessen der ausgediente Raumflugkörper «Zelina-D» getroffen wurde». Zu Wochenbeginn wurde die ISS gleich zweimal geräumt, weil ihr Weltraumschrott nahe gekommen sein soll. In der Station hält sich seit ein paar Tagen auch der deutsche Astronaut Matthias Maurer auf.

Gross ist nun die Sorge, dass die ISS in mehr als 400 Kilometern über der Erde von Resten des zerstörten Satelliten getroffen werden könnte. Das russische Militär betont dagegen, die Satellitentrümmer «stellten keine Bedrohungen für Raumstationen, Raumflugkörper und Weltraumaktivitäten dar und werden keine darstellen». Verteidigungsminister Sergej Schoigu sprach von einem «viel versprechenden System», das erprobt worden sei.

Nach Angaben des Weltraumkommandos (Space Command) der US-Streitkräfte hat der Test bislang mehr als 1500 nachverfolgbare Trümmerteile im All hinterlassen. Vermutlich würden diese letztlich in Hunderttausende kleinere Trümmer zerfallen und «über Jahre und möglicherweise Jahrzehnte in der Umlaufbahn verbleiben». Dies bedeute «ein erhebliches Risiko für die Besatzung der Internationalen Raumstation und andere bemannte Raumfahrtaktivitäten sowie für die Satelliten mehrerer Länder».

Raumfahrer bringen sich in Sicherheit

Die sieben Raumfahrer brachten sich am Montag zweimal in zwei an der Station angedockten Raumschiffen in Sicherheit. Maurer wechselte laut der Europäischen Weltraumorganisation Esa in die «Crew Dragon». Im Falle eines Zusammenstosses der ISS mit Trümmerteilen hätte die Besatzung so zur Erde zurückfliegen können. Zu einer Kollision kam es aber nicht.

Die US-Raumfahrtbehörde Nasa teilte mit, die Astronauten und Kosmonauten auf der ISS hätten «Notfallverfahren für die Sicherheit» eingeleitet, nachdem die Flugsicherung sie wegen der Trümmer geweckt hatte. Die Luken zu bestimmten Modulen seien geschlossen worden. Bis die ISS die Trümmerwolke durchflogen habe, hätten die Astronauten und Kosmonauten in ihren Raumschiffen gewartet.

Die «New York Times» zitierte aus dem Weckruf, der von Houston aus an die ISS-Astronauten ging: «Hey Mark, guten Morgen, entschuldige den frühen Anruf», habe ein Nasa-Mitarbeiter zum ISS-Astronauten Mark Vande Hei gesagt. «Wir wurden vor kurzem über einen Satellitenabschuss informiert und müssen euch bitten, das (entsprechende Rückzugsverfahren) zu prüfen.»

Verurteilung des Raketentests

«Ich bin empört über dieses unverantwortliche und destabilisierende Vorgehen», erklärte Nasa-Chef Bill Nelson. «Mit seiner langen und traditionsreichen Geschichte in der bemannten Raumfahrt ist es unvorstellbar, dass Russland nicht nur die amerikanischen und internationalen Partner-Astronauten auf der ISS, sondern auch seine eigenen Kosmonauten gefährdet.» Das Vorgehen sei «rücksichtslos und gefährlich und bedroht auch die chinesische Raumstation».

Die Esa wurde ebenfalls deutlich: «Solche Tests in grossen Höhen sind sehr belastend für die Raumfahrt», sagte Holger Krag, Leiter des ESA-Weltraumsicherheitsprogramms, der Deutschen Presse-Agentur in Paris. Sie seien absolut kontraproduktiv, idealerweise mache man sie gar nicht - und wenn doch, dann in niedriger Höhe. Denn je höher das Zielobjekt, desto länger blieben Fragmente im All.

Die russische Raumfahrtbehörde Roskosmos ging nicht auf den Abschuss des Satelliten ein, betonte aber: «Für uns war und ist die absolute Sicherheit der Besatzung oberstes Gebot.» Das russische Warnsystem für den erdnahen Weltraum überwache weiterhin die Lage, um mögliche Bedrohungen für die Raumstation und die Besatzung zu verhindern.

US-Aussenminister Antony Blinken sagte: «Wir verurteilen Russlands rücksichtslosen Test.» Ähnlich äusserte sich Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Durch die Zerstörung eines Satelliten seien zahlreiche Trümmer entstanden, die nun ein Risiko für die ISS und die chinesische Raumstation darstellten. Der Test sei zudem besorgniserregend, weil er zeige, dass Russland neue Waffensysteme entwickele, die auch die Infrastruktur für zivile Navigations- und Kommunikationssysteme auf der Erde zerstören könnten.

Der Abschuss des Satelliten zeige deutlich, dass Russlands Behauptungen, es lehne die Militarisierung des Weltraums ab, «unaufrichtig und scheinheilig» seien, sagte der Sprecher des US-Aussenministeriums, Ned Price. Die Bundesregierung zeigte sich «sehr besorgt» über den Vorfall. «Dieses unverantwortliche Verhalten birgt ein hohes Risiko für Fehleinschätzungen und Eskalation», teilte das Auswärtige Amt mit.

Russlands Aussenminister Sergej Lawrow wiederum nannte den Vorwurf, Moskau gefährde die friedliche Nutzung des Weltraums, «Heuchelei». Es gebe dafür keinerlei Belege. Stattdessen treibe das Pentagon selbst «auf aktivste Art und Weise» ein Wettrüsten im All voran, kritisierte Lawrow - etwa durch Tests von Angriffswaffen. Am Abend berichtete Roskosmos-Chef Dmitri Rogosin von einem Telefonat mit Nasa-Chef Nelson, bei dem eine weitere Zusammenarbeit bezüglich der ISS bekräftigt worden sei. Er habe Nelson zudem nach Moskau eingeladen, schrieb Rogosin auf Telegram.

Die Nato hatte bereits im Juni beschlossen, dass Angriffe aus dem oder im Weltraum künftig nach Artikel 5 zur kollektiven Verteidigung als Bündnisfall behandelt werden können. Das gilt bisher für Angriffe am Boden oder im Luft-, See- oder Cyberraum.

Begründet wurde der Schritt unter anderem damit, dass Angriffe auf Satelliten im Fall eines Krieges genutzt werden könnten, um Teile des öffentlichen Lebens lahmzulegen. So könnten die Abwicklung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs, Handynetze oder Navigationssysteme für den Strassen-, See- und Luftverkehr schwer beeinträchtigt werden. Denkbar ist auch, dass Satelliten als Trägersysteme für Waffen genutzt werden, die dann auf Ziele auf der Erde gerichtet werden.

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