Wahlgewinner Lukaschenko droht den Demonstranten mit der Armee
Der langjährige Machthaber Lukaschenko gewann am Sonntag die Wahlen in Weissrussland. Die Folgen: Annahme von Wahlfälschung und anhaltende Proteste.
Das Wichtigste in Kürze
- Lukaschenko droht den Demonstranten mit der Armee.
- Alexander Lukaschenko wurde am Sonntag erneut zum Staatschef von Weissrussland gewählt.
- Das Resultat wurde von der Opposition nicht anerkannt – Man spricht von Wahlfälschung.
Nach der von blutigen Protesten überschatteten Präsidentenwahl in Belarus (Weissrussland) klammert sich Staatschef Alexander Lukaschenko an die Macht. «Wir werden unser Land nicht zerreissen lassen», sagte er am Montag Staatsmedien zufolge.
Zuvor hatte die Wahlkommission dem 65-Jährigen den Sieg zugesprochen, er soll auf 80,08 Prozent der Stimmen gekommen sein.
Opposition erkannte Wahlergebnis nicht an
Die Opposition sprach dagegen von beispielloser Wahlfälschung. Sie erkennt das Ergebnis nicht an und bereitet eine neue Protestwelle vor.
Dem Land drohen nun auch neue Sanktionen der EU. Die Hoffnungen auf mehr Rechtsstaatlichkeit in Belarus hätten mit der Wahl «mehr als nur einen herben Rückschlag erlitten».
Das sagt deutschlands Aussenminister Heiko Maas sagte. Von freien Wahlen sei wirklich überhaupt nichts zu erkennen gewesen. «Stattdessen haben wir Gewalt, Einschüchterung und Verhaftung mit bezeugen müssen.»
Die wegen erster Schritte hin zu mehr Rechtsstaatlichkeit aufgehobenen EU-Sanktionen müsse man prüfen. Besonders, «ob das im Lichte der vergangenen Wochen und der vergangen Tage noch Gültigkeit besitzen kann».
Sicherheitskräfte schlugen auf Demonstranten ein
Die Proteste begannen landesweit nach Schliessung der Wahllokale am Sonntagabend. Sie waren die schwersten, die das Land je gesehen hat. Sicherheitskräfte setzten Wasserwerfer, Tränengas und Blendgranaten ein. Maskierte Sicherheitskräfte schleppten Menschen in Busse und schlugen auf Demonstranten ein.
Das Innenministerium sprach von mehr als 3000 Festnahmen und fast 100 Verletzten auf beiden Seiten. Bei den Sicherheitsorganen und bei den Bürgern. Es soll auch einen Toten unter den Demonstranten geben. Die Behörden weisen dies aber zurück.
Lukaschenko droht mit der Armee
Lukaschenko machte das Ausland für die Proteste verantwortlich. Es habe Aufrufe dazu aus Polen, Russland und Tschechien gegeben, meinte er. Hinter den Drahtziehern müssten aber nicht zwingend staatliche Strukturen stehen.
Er drohte mit dem Einsatz der Armee. «Es wird keinen Maidan geben, egal wie sehr jemand das will.» Der Präsident hatte mehrfach vor einer Revolution und Zuständen wie 2014 auf dem «Maidan» gewarnt. Das ist der Unabhängigkeitsplatz von Kiew im Nachbarland Ukraine.
Lukaschenko will sich mit Gewalt eine weitere Amtszeit sichern
Lukaschenkos Gegnerin, Swetlana Tichanowskaja, warf dem Langzeitpräsidenten folgendes vor: Nach mehr als 26 Jahren an der Machtwolle er sich mit Gewalt eine sechste Amtszeit sichern. Ihr Wahlkampfstab geht davon aus, dass sie zwischen 70 und 80 Prozent der Stimmen errungen hat. Der Stab veröffentlichte dazu einzelne Protokolle aus Wahllokalen, in denen ehrlich ausgezählt worden sein soll.
Der staatlichen Wahlkommission zufolge soll Tichanowskaja gerade einmal zehn Prozent erhalten haben. Das Ergebnis will sie nicht anerkennen.
Die Wahlbeteiligung in der zwischen dem EU-Mitglied Polen und Russland gelegenen Ex-Sowjetrepublik betrug nach Angaben der Behörden 84 Prozent. Etwa 6,8 Millionen Wahlberechtigte waren zur Stimmabgabe aufgerufen. Insgesamt traten fünf Kandidaten an.
Lukaschenko will nach mehr als einem Vierteljahrhundert an der Macht in eine sechste Amtszeit gehen. Bereits in den vergangenen Wochen kündigte sich jedoch eine Protestwelle an. Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa waren bei der Abstimmung diesmal nicht dabei.
Falsche Protokolle und vorausgefüllte Stimmzettel
In sozialen Medien gab es immer wieder Berichte von vorausgefüllten Stimmzetteln. Ausserdem seien Protokolle falsch ausgestellt worden. Unabhängige Beobachter aus Belarus zählten demnach weniger oder mehr Wähler in einem Wahllokal, als offiziell angegeben worden sei.
Der Menschenrechtsorganisation Wesna zufolge sollen Wehrpflichtige oder Angestellte von Staatsfirmen zur Abstimmung gezwungen worden sein.
China und Russland gratulierten als Erste zum Wahlsieg
Kremlchef Wladimir Putin und Chinas Präsident Xi Jinping waren die ersten, die Lukaschenko zum Wahlsieg gratulierten. Die Zusammenarbeit zwischen den beiden benachbarten «Brudervölkern» solle gestärkt werden. Dies sagte Putin nach Kreml-Angaben.
Die Beziehungen zwischen den beiden Ländern waren zuletzt angespannt. Der Grund war, dass Lukaschenko mehrere Russen wegen eines angeblichen Umsturzversuches festnehmen liess.
Mindeststandards für demokratische Wahlen nicht eingehalten
Kritik kam von der EU. Ratspräsident Charles Michel verurteilte das Einschreiten von Sicherheitskräften scharf. EU-Aussenbeauftragte Josep Borrell sagte: «Wir werden die Entwicklungen weiterhin sehr genau verfolgen. Dann wird beurteilt, wie eine Antwort und die Beziehungen der EU zu Belarus auszugestalten sind.»
Die Nachbarländer von Belarus, Polen und Litauen, forderten Minsk zum Gewaltverzicht auf. Nach Einschätzung der deutschen Regierung wurden die Mindeststandards für demokratische Wahlen nicht eingehalten. Verurteilt werde auch Gewalt gegen friedlich demonstrierende Bürger und die Festnahme von Journalisten, hiess es.