Flüchtlingsschiff will vorerst Lampedusa nicht ansteuern
Die deutsche Hilfsorganisation Sea-Eye wird mit ihrem Rettungsschiff mit 65 Flüchtlingen an Bord vorerst nicht in italienische Hoheitsgewässer einfahren.
Das Wichtigste in Kürze
- Nach der Sea-Watch ist ein weiteres Flüchtlingsschiff mit 65 Flüchtlingen vor Italien.
- Vorerst werde man italienische Hoheitsgewässer nicht ansteuern.
- Der italienische Innenminister Matteo Salvini will den Kutter nicht anlegen lassen.
Die deutsche Hilfsorganisation Sea-Eye wird mit ihrem Rettungsschiff «Alan Kurdi» vorerst nicht in italienische Hoheitsgewässer einfahren. Das sagte Sea-Eye-Einsatzleiter Gorden Isler der Nachrichtenagentur DPA am Samstag am Telefon.
Der italienische Zoll habe der Besatzung am Morgen ein Dekret des italienischen Innenministers Matteo Salvini ausgehändigt, mit dem die Einfahrt in die Hoheitsgewässer des Landes untersagt wurde. «Wir beachten erstmal dieses Verbot», versicherte Isler. Ohne triftigen Grund werde Sea-Eye nicht gegen das Dekret verstossen.
65 Flüchtlinge an Bord
Zuvor hiess es, das deutsche Rettungsschiff mit 65 aus dem Mittelmeer geretteten Flüchtlingen an Bord sei unterwegs nach Lampedusa. Es dürfte an diesem Samstagmorgen die italienischen Hoheitsgewässer vor der Insel Lampedusa erreichen.
Nur vier Tage nach der Freilassung der Sea-Watch-Kapitänin Carola Rackete aus dem Hausarrest droht damit eine erneute Konfrontation.
«Wir lassen uns von einem Innenminister nicht einschüchtern, sondern steuern den nächsten sicheren Hafen an.» Dies schrieb die Organisation Sea-Eye aus Regensburg am Freitagabend auf Twitter. Das Seerecht gelte, auch wenn manche Regierungsvertreter das nicht wahrhaben wollten.
Flüchtlinge von Schlauchboot gerettet
Die «Alan Kurdi» hatte nach eigenen Angaben in internationalen Gewässern vor Libyen 65 Migranten von einem überladenen Schlauchboot aufgenommen. 39 von ihnen hätten angegeben, noch minderjährig zu sein. Der Jüngste sei erst zwölf Jahre alt, berichtete Sea-Eye.
Insgesamt 48 der Geflüchteten stammten aus Somalia in Ostafrika, zwei seien Libyer. Einer der Somalier habe erzählt, er schon vor drei Jahren aus seiner Heimat aufgebrochen. Für die Durchquerung der Wüste habe er drei Monate benötigt und einen Freund verloren. Dieser sei an der libyschen Grenze erschossen worden.
Italien Innenminister stellt sich erneut quer
Italiens Innenminister Matteo Salvini erklärte prompt, das Schiff dürfe nicht nach Italien fahren. Auch nicht im Fall einer späteren Weiterverteilung der Migranten auf andere Staaten.
Das hatte er jedoch auch schon im Fall von Racketes Rettungsschiff «Sea-Watch 3» verkündet - ohne Erfolg.
«Italien beabsichtigt nicht, weiterhin der einzige «Hotspot von Europa» zu sein», betonte er. Eine Verschlechterung der Situation an Bord werde ausschliesslich auf Deutschland als Flaggenstaat, warnte er. Zugleich drängte Salvini Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) in einem Brief, Verantwortung für das Schiff zu übernehmen.
Sicherer Hafen als nächstes Ziel
Zunächst sah allerdings nichts danach aus, dass die Bundesregierung ihren Kurs mit Blick auf gerettete Migranten im Mittelmeer ändern würde. Sie hatte sich in der Vergangenheit stets bereiterklärt, Schutzsuchende aufzunehmen. Jedoch unter der Voraussetzung, dass auch andere Staaten einwilligen.
Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes erklärte in Berlin, Ziel der Regierung sei es, «eine schnelle Lösung zu finden». Zunächst müsse ein sicherer Hafen gefunden und über die Verteilung der Geretteten auf die EU-Staaten gesprochen werden.
Sea-Eye berichtete, die libysche Küstenwache sei zunächst nicht zu erreichen gewesen. Später habe sie dem Schiff einen Hafen zugewiesen, wo die Geretteten an Land gebracht werden könnten. Dies habe die Organisation aber abgelehnt: «Wir werden keine Geretteten zurück in libysche Foltergefängnisse bringen», schrieb Sea-Eye auf Twitter.
Carola Rackete
Unterdessen meldete sich Kapitänin Rackete erstmals seit ihrer Freilassung aus dem Hausarrest mit Kritik an der Bundesregierung zurück. Die 31-Jährige hatte die Blockade der «Sea-Watch 3» mit 40 Migranten an Bord mit dem unerlaubten Einfahren nach Lampedusa beendet.
Sie habe den Eindruck gehabt, dass auf nationaler und internationaler Ebene niemand richtig helfen wollte. Dies während die «Sea-Watch 3» auf eine Anlegeerlaubnis wartete.
«Die haben die heisse Kartoffel immer weitergereicht, während wir zuletzt noch immer 40 Gerettete bei uns an Bord hatten.» Dies sagte sie dem Nachrichtenmagazin «Der Spiegel».