Weniger Greifvögel in Europa wegen bleihaltiger Jagdmunition
Greifvögel werden zunehmend durch Bleischrot und andere bleihaltige Munition gefährdet. Biologen plädieren deshalb für ein Verbot.
Das Wichtigste in Kürze
- Bleihaltige Munition kann bei Greifvögeln zu Vergiftungen und damit zum Tod führen.
- Sie nehmen das Schwermetall auf, wenn sie mit Bleimunition erlegte Beute fressen.
- Greifvogel-Populationen sind heutzutage wegen der Bleiexposition viel kleiner.
Wegen der Verwendung bleihaltiger Jagdmunition sind Greifvogel-Populationen in Europa deutlich kleiner als sie eigentlich wären. Zu diesem Schluss kommt ein Team deutscher und britischer Forscher und Forscherinnen. Seeadler, Mäusebussarde und andere Vögel nehmen das toxische Schwermetall auf, wenn sie mit derartiger Munition angeschossene oder erlegte Tiere fressen.
135 Millionen Vögel durch Blei gefährdet
Die daraus folgende Vergiftung habe dazu geführt, dass bei zehn Greifvogelarten rund 55'000 erwachsene Vögel aus dem europäischen Luftraum verschwanden, berichten die Wissenschaftlerinnen im Fachjournal «Science of the Total Environment».
Bleimunition stellt eine grosse Gefahr für die gesamte Vogelwelt dar: In der EU sind nach Schätzungen der Europäischen Chemikalienagentur ECHA 135 Millionen Vögel von Bleivergiftung bedroht – entweder, indem sie Bleischrot direkt verschlucken oder durch das Fressen von Tieren, die Blei im Körper hatten.
Eine solche Bleivergiftung kann in hohen Dosen zu einem langsamen und schmerzhaften Tod der Tiere führen, während kleinere Dosen mit physiologischen und Verhaltensveränderungen in Verbindungen gebracht wurden.
Biologen der Universität von Cambridge haben mit Unterstützung des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) in Berlin berechnet, wie gross die Auswirkungen der Vergiftung bei Greifvögeln sind.
Populationen um bis zu 14 Prozent kleiner
Demnach ist die Seeadler-Population (Haliaeetus albicilla) 14 Prozent kleiner als sie ohne die mehr als ein Jahrhundert andauernde Exposition gegenüber tödlichen Bleikonzentrationen in einigen Nahrungsquellen gewesen wäre.
Die Populationen von Steinadlern (Aquila chrysaetos) und Gänsegeiern (Gyps fulvus) seien jeweils um 13 bzw. 12 Prozent kleiner, während die Bestände an Habichten (Accipiter gentilis) um 6 Prozent und die an Rotmilanen (Milvus milvus) und Rohrweihen (Circus aeruginosus) um jeweils 3 Prozent niedriger seien.
Eindringlich plädieren die Biologinnen für ein Verbot: «Das vermeidbare Leiden und der Tod zahlreicher einzelner Greifvögel durch Bleivergiftung sollte ausreichen, um die Verwendung ungiftiger Alternativen zu fordern», betont etwa Mitautorin Debbie Pain.