Deutschlands Videotheken sind seit Jahren von mindestens zwei Seiten unter Druck: auf der einen die Streaming-Dienste, auf der anderen Online-Piraterie. Dennoch halten sich manche Betriebe. Aber hat das Konzept in Zukunft noch eine Chance?
In die Videothek Video Buster kommen viele Kunden, die kein Geld für Kino oder Streamingdienste ausgeben wollen. Foto: Martin Schutt/dpa-Zentralbild
In die Videothek Video Buster kommen viele Kunden, die kein Geld für Kino oder Streamingdienste ausgeben wollen. Foto: Martin Schutt/dpa-Zentralbild - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Es gibt sie noch, die Videotheken um die Ecke.
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Aber ihren Zenit haben sie bereits seit Jahren überschritten, wie Daten des Interessenverbandes des Video- und Medienfachhandels in Deutschland (IVD) mit Sitz in Düsseldorf belegen.

Dort sind nach Verbandsangaben rund 80 Prozent der deutschen Videotheken Mitglied. Demnach ist ihre Zahl allein von 2014 bis 2018 auf weniger als ein Drittel zurückgegangen: Von 1544 Betrieben blieben 440.

Imme mehr Online-Angebote

«Die Anzahl der Abspielgeräte nimmt bei der jüngeren Generation ab», sagt der Wirtschaftswissenschaftler Oliver Budzinski von der Technischen Universität Ilmenau. Ohne Abspielmöglichkeiten für DVDs oder Blu-rays beim Verbraucher kämpfen die analogen Videotheken im Zeitalter von Streaming-Anbietern wie Netflix und Amazon Prime Video ums Überleben. Längst wirbt Maxdome mit dem Titel: «Deutschlands grösste Online-Videothek».

Wie gehen die Offline-Videotheken mit diesem Druck um? In Neudietendorf, einem Thüringer Ort zwischen Erfurt und Gotha, lebt Michael Heiter. Seit 2012 leitet er zusammen mit seinem Bruder den Videotheken-Betrieb Dein Buster. «Wir sind ein klassisches Familienunternehmen», sagt der 38-Jährige. Übernommen haben sie die Videotheken von ihren Eltern, die den Betrieb in den frühen 1990er Jahren gegründet hatten.

Damals seien die Reparaturwerkstätten von Fernsehern und Radios in der DDR nicht mehr gefragt gewesen. Aus ihnen seien die ersten Videotheken entstanden. Seinen Höhepunkt habe der Betrieb 2006 mit 40 Läden in ganz Deutschland erreicht, sechs davon in Thüringen. «Dann kam das böse Internet mit den illegalen Seiten», sagt Heiter. Heute sind es nur noch drei Dein-Buster-Geschäfte in Thüringen, ein weiteres gibt es in Sachsen. Immerhin, fügt Heiter hinzu: «Jetzt habe ich keine Konkurrenz mehr.» In ganz Thüringen gab es 2018 nur noch 15 Videotheken.

Illegaler Upload

Online-Piraterie von Filmen sieht IVD-Vorstand Jürgen Weinrich als Problem, für das politische Lösungen gefragt seien: Illegale Seiten müssten effizienter gesperrt, Betreiber am Upload gehindert und verstärkt von der Polizei angegangen werden. «Leider gehen deswegen nicht nur jüngere Leute weniger in Videotheken», sagt Weinrich. Das Durchschnittsalter der Kunden tendiere definitiv nach oben.

Langfristig sieht Wirtschaftswissenschaftler Budzinski für Videotheken keine Zukunft. Dass Deutschland vor allem im Bereich des Breitbandausbaus noch Entwicklungsland sei, helfe, diesen Prozess um einige Jahre zu verzögern.

Vor allem am Wochenende ist Heiter zufrieden: Gerade einkommensschwächere Menschen, die nicht das Geld für eine Kino-Karte oder ein Sky-Abonnement hätten, könnten bei ihm fündig werden. Um auch in Zukunft bestehen zu können, stellen sich Michael Heiter und sein Bruder aber zunehmend breiter auf. Seit einiger Zeit verleihen sie auch Hüpfburgen. Das soll vor allem im Sommer zusätzliche Einnahmen bringen.

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