Wladimir Putin: Darum will er plötzlich Biden als US-Präsidenten
In einem TV-Gespräch sagt Wladimir Putin, Russland bevorzuge die Wiederwahl von Joe Biden. Dabei verstand er sich mit Trump blendend – was steckt dahinter?
Das Wichtigste in Kürze
- «Erfahren» und «berechenbar»: Wladimir Putin lobt seinen US-Amtskollegen Joe Biden.
- Ob der Kreml tatsächlich lieber den Demokraten im Weissen Haus will, ist jedoch fraglich.
- Laut Experten könnte es sich schlicht um ein wahltaktisches Spielchen handeln.
Es sind Aussagen, die überraschend kommen: Der russische Präsident Wladimir Putin hat in einem Interview fürs russische Fernsehen US-Präsident Joe Biden gelobt.
Ein Wahlsieg Bidens wäre besser für Russland, so der Kremlchef. Seine Haltung begründet Putin so: «Er ist der Erfahrenere, er ist berechenbar, er ist ein Politiker alter Schule.» Russland würde aber mit jedem gewählten Präsidenten arbeiten.
Putin und der Kreml galten bisher eigentlich eher als Unterstützer des republikanischen Kandidaten Donald Trump. Unter anderem sollen sich die Russen zu Trumps Gunsten in frühere Wahlen eingemischt haben. Woher kommt nun also die scheinbare Meinungsänderung zu Bidens Gunsten?
Pro-Biden-Statement von Wladimir Putin könnte Trump helfen
USA- und Russland-Experten sind sich zunächst einig: Die Aussagen des russischen Präsidenten sollte man nicht für bare Münze nehmen. Thomas Greven von der Freien Universität Berlin spricht von einem «Verwirrspiel» des Kremls. Und Nicolas Hayoz von der Universität Fribourg sagt: «Putin sorgt bewusst für Ambivalenz.»
Eine mögliche Erklärung für das Pro-Biden-Statement sind demnach genau die oben genannten Vorwürfe der Wahleinmischung. Hayoz erklärt: «Er stellt es so dar, dass man ihm keinen Vorwurf der Einmischung machen könnte. Er bevorzugt bewusst nicht Trump, obwohl man das eigentlich meinen müsste und könnte.»
Greven geht in eine ähnliche Richtung: «Eine Pro-Biden-Aussage hilft womöglich am Ende Trump dabei, den Verdacht zu entkräften, er würde von Putin gefördert.» So könnte letztlich doch Trump von diesen Aussagen profitieren und das wäre genau, was Moskau will. Das Lob an Biden könnte also auch nur ein cleverer Schachzug sein, um Trump zu helfen.
Letztlich ist Putins Auftritt auch hinsichtlich der Wahlen in Russland selbst zu betrachten, sagt Ulrich Schmid von der Universität St. Gallen. «Putin ist im Moment im ‹Wahlkampf›. Alles, was Putin zurzeit sagt, ist an die russischen Wähler gerichtet.»
«Berechenbarer» Biden oder «Taktiker» Trump?
Stellt sich also die Frage, wer denn tatsächlich der bessere US-Präsident für Russland wäre. Für Greven ist der Fall klar: «Eindeutig Trump, der Autokraten bewundert und nicht eindeutig zum transatlantischen Bündnis steht.»
Schmid stimmt zu: «Natürlich bevorzugt Russland Trump als nächsten Präsidenten.»
Reinhard Heinisch von der Universität Salzburg sieht es mit Blick auf den Ukraine-Krieg ähnlich: «Für mich steht ausser Frage, dass Trump ein grosser Nachteil für die Ukraine ist.»
Allerdings hält er fest, dass die Biden-Regierung «berechenbar und sehr konventionell» agiert. Trump sei dagegen ein «gewiefter Taktiker» und schwieriger einzuordnen.
Deswegen glaubt Hayoz ebenfalls, dass Russland mit Biden tatsächlich besser bedient wäre. Ein «Chaos-Präsident» wie Trump sei zwar aus russischer Sicht nützlich, um die Weltordnung zu destabilisieren. Ein Ex-Geheimdienstler, wie Wladimir Putin einer ist, mag diese Unberechenbarkeit aber nicht wirklich.
Trumps Nato-kritische Haltung könnte laut Hayoz für Russland beispielsweise auch zum Nachteil werden. Denn sie sei eine Art «Weckruf» für Europa, selbst mehr für die Ukraine zu tun: «Wenn die Europäer sich tatsächlich ‹aufraffen›, dann kann das nicht in Putins Interesse sein.»
Putin äussert auch Kritik an US-Regierung
Das Interview von Wladimir Putin war übrigens keine echte Lobeshymne auf die Biden-Regierung. Der Kremlchef kritisierte Washington darin scharf – unter anderem sagte er: «Ich denke, dass die Haltung der jetzigen Administration in höchstem Masse schädlich und falsch ist.»
Klar ist: Es ist noch früh im US-Wahlkampf. Ob die Aussagen von Putin im russischen Fernsehen am Ende das Ergebnis mitbestimmen können, ist höchst fraglich.
Russland wählt seinen Präsidenten vom 15. bis 17. März. Eine Wiederwahl von Wladimir Putin gilt als Formsache.