Wladimir Putin: Das will er mit dem Abhörskandal wirklich erreichen
Ein russischer Sender verbreitete einen Mitschnitt einer Schalte deutscher Luftwaffen-Offiziere. Experten schätzen ein, was Wladimir Putin damit bezwecken will.
Das Wichtigste in Kürze
- Ein von Russland veröffentlichtes Gespräch deutscher Offiziere sorgt für Diskussionen.
- Laut Experten sei dies ein Versuch, die deutsche Politik zu destabilisieren.
- In der Ukraine werde die Situation «mit Nervosität betrachtet».
Ein von Russland geleaktes Gespräch von deutschen Luftwaffen-Offizieren sorgt in der deutschen und europäischen Politiklandschaft für Diskussionen. In diesem geht es um theoretische Möglichkeiten des Einsatzes deutscher Taurus-Marschflugkörper durch die Ukraine.
Der abgehörte Mitschnitt wurde vergangenen Freitag vom russischen Propaganda-Sender RT veröffentlicht. Doch was will Wladimir Putin mit der Veröffentlichung eigentlich genau erreichen?
«In der Ukraine mit Nervosität betrachtet»
«Es sind Versuchsballons, in die deutsche und europäische Politik eine Destabilisierung hereinzubringen. Allerdings gelingt das in Deutschland nicht so richtig», erklärt Andreas Umland, Analyst am Stockholmer Zentrum für Osteuropa-Studien, auf Anfrage.
Die Diskussionen in Deutschland würden sich eher um die eigenen Sicherheitskanäle drehen. Dennoch: «In der Ukraine wird das mit Nervosität betrachtet, weil befürchtet wird, dass es die Unterstützung Deutschlands beeinflussen könnte.»
«Der Kreml will damit die ‹Friedenspartei› am linken und rechten Rand des politischen Spektrums in Deutschland stärken. Bereits haben sich etwa Sahra Wagenknecht und Björn Höcke in diesem Sinn geäussert», sagt Russland-Experte Ulrich Schmid von der HSG. «Damit soll jenen Stimmen in Deutschland Auftrieb gegeben werden, die eine Verhandlungslösung für die Ukraine fordern.»
Laut Schmid wolle Wladimir Putin so einen «Keil zwischen das zögerliche Deutschland und westliche Verbündete der Ukraine treiben, die einen forscheren Kurs bevorzugen». Umland glaubt, dass die Veröffentlichung des Mitschnitts nicht unbedingt für den Westen gedacht sein müsse. Das Ziel könnte eher das russische Publikum sein.
Wladimir Putin: Innere Wirkung nach Veröffentlichung noch unklar
Der russische Propaganda-Apparat schlachtet das veröffentlichte Gespräch der deutschen Offiziere nämlich richtig aus. Der russische Propagandist Dmitrij Kisseljow tat etwa so, als würde die Bundeswehr die Zerstörung der Krimbrücke mit Taurus-Marschflugkörpern planen. Er zählte sogar Brücken in Deutschland auf, die Russland im Falle einer Vergeltung angreifen könnte.
Der russischen Bevölkerung soll laut Schmid vor Augen geführt werden, dass Russland in der Ukraine gegen einen aggressiven Westen kämpfe. «Die Tatsache, dass Russland die Ukraine überfallen hat, soll so in den Hintergrund geschoben werden.»
Inwieweit die innere Wirkung solcher Propaganda gehe, ist gemäss Umland schwierig einzuschätzen. «Wenn vor Angriffen durch Deutschland gewarnt wird, könnte es auch eine gegenteilige Wirkung haben. Und einige Russen könnten sich von Wladimir Putin abwenden.»
Auch wenn im abgehörten Gespräch keine deutschen Staatsgeheimnisse ausgeplaudert wurden, zeige die Veröffentlichung laut Schmid aber klar: «Dass der russische Geheimdienst wohl systematisch die militärische Kommunikation anderer Staaten abhört.»