Zähe Verhandlungen mit Grossbritannien schüren Sorgen in der EU
Die Verhandlungen zwischen der EU und Grossbritannien gehen in die dritte Runde. Dabei sind die Aussichten jedoch recht pessimistisch.
Das Wichtigste in Kürze
- Am Montag begann die dritte Runder der Verhandlungen zwischen der EU und Grossbritannien.
- Bis Freitag sollen die Unterhändler Detailfragen besprechen.
- Dabei sind die Positionen weit auseinander, ein Scheitern ist realistisch.
Die deutsche Wirtschaft warnt vor einem Scheitern der Verhandlungen über ein Handelsabkommen der EU mit Grossbritannien. «Der bisherige Verhandlungsfortschritt ist absolut unzureichend.» So kritisierte der Bundesverband der Deutschen Industrie am Montag zum Start der dritten einwöchigen Verhandlungsrunde beider Seiten. «Leider ist es realistisch, dass die Verhandlungsführer am Ende dieser Woche abermals mit leeren Händen dastehen.»
Grossbritannien hatte die EU Ende Januar verlassen, ist aber bis zum Jahresende noch Teil des Europäischen Binnenmarkts und der Zollunion. In dieser Übergangsphase sollen die künftigen Wirtschaftsbeziehungen in einem Abkommen geregelt werden. Andernfalls drohen Zölle, strikte Warenkontrollen und weitere Erschwernisse für die Wirtschaft.
Zwei Verhandlungsrunden seit Anfang März haben aber kaum Fortschritte gebracht, am Montag begann die dritte Runde. Bis Freitag sollen die Unterhändler in Videokonferenzen Dutzende Detailfragen besprechen, doch sind die Positionen weit auseinander. Knackpunkt für die EU ist, dass Grossbritannien gleiche Sozial- und Umweltstandards akzeptiert, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. Ausserdem verlangt Brüssel eine rasche Einigung über Fischereirechte.
Kritik an der Taktik der britischen Regierung
Der Bundesverband der Deutschen Industrie kritisierte, die Taktik der britischen Regierung werde dem Ernst der Lage nicht gerecht. London müsse den Sorgen der Wirtschaft Rechnung tragen. «Ein Auslaufen der Brexit-Übergangsphase am Ende des Jahres ohne Abkommen würde aus einer bereits schwierigen wirtschaftlichen Situation eine katastrophale machen.»
Die Übergangsphase könnte um ein oder zwei Jahre verlängert werden, wenn beide Seiten dies bis Ende Juni vereinbaren. Doch ist der britische Regierungschef Boris Johnson strikt dagegen. Die SPD-Europapolitikerin Katarina Barley glaubt zwar nicht an eine Fristverlängerung, hält einen Schwenk aber auch nicht für ausgeschlossen. «Dass er zu Wendungen fähig ist, hat Boris Johnson ja schon öfter unter Beweis gestellt», sagte Barley im RBB-Inforadio.
Barley äusserte sich pessimistisch: «Das Misstrauen ist inzwischen gross.» Die Briten dürften keine einseitigen Vorteile ziehen. «Man kann nicht Zugang zum Binnenmarkt haben und gleichzeitig bei Fragen von Arbeitsschutz, Verbraucherschutz, Umweltschutz dann die europäischen Standards unterbieten und sich so einen Vorteil verschaffen.»