Forscherinnen beklagen Mangel an genderspezifischen Covid-Daten
In der Covid-Forschung fehlen geschlechtsspezifische Daten, bemängelt eine Tessiner Wissenschaftlerin.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Wissenschaftlerin Antonietta Mira wünscht sich mehr genderspezifische Covid-Daten.
- Sozial und biologisch seien Frauen und Männer von dem Virus unterschiedlich betroffen.
- Die Tessinerin hofft, dass die Daten bald nach Geschlecht aufgeschlüsselt werden.
Dabei sei bekannt, dass Frauen manchmal bei Krankheiten andere Symptome zeigen als Männer. Auch sozial seien Frauen auf andere Weise von der Pandemie betroffen.
Frauen anders betroffen
Beispielsweise habe der Lockdown zu einer stärkeren Arbeitsbelastung von Frauen in der Kinderbetreuung geführt, da Frauen zehnmal mehr unbezahlte Betreuungs- und Haushaltsarbeit leisteten als Männer.
Und da fast 70 Prozent des Gesundheitspersonals weiblichen Geschlechts sei, hätten sie auch ein erhöhtes Ansteckungsrisiko. Darüber hinaus verursachten Frauen im Falle einer Hospitalisierung wegen des Coronavirus' weniger Gesundheitskosten als Männer in vergleichbaren Situationen.
«Wir hätten gerne Daten, um diese und andere Behauptungen zu überprüfen oder zu klären». Das fordern in einer Mitteilung vom Freitag Antonietta Mira, Direktorin des Data Science Lab an der Università della Svizzera italiana und Ilaria Capua, Direktorin des One Health Center of Excellence der University of Florida, eine in italienischen Medien gefragte Expertin für SARS-CoV-2.
Genderspezifische Daten wären hilfreich
Die Unterscheidung zwischen den Geschlechtern sowie die damit zusammenhängende aufgeschlüsselte Datenanalyse wäre «für Entscheidungen im Bereich der Regulierung und der öffentlichen Gesundheit, beispielsweise für die Gestaltung von Massenimpfprogrammen, von grossem Nutzen».
Die Praxis, geschlechtsspezifische Daten erst nach einem Ereignis - wie der aktuellen Pandemie - statistisch zu erfassen, sei überholt. Stattdessen müssten laufend und standardmässig alle personenbezogenen Daten, nicht nur Gesundheitsdaten, die Dimensionen Geschlecht und Gender enthalten, erhoben werden.
«Die Achtung und Erforschung der Vielfalt in den Dimensionen Geschlecht und Gender darf nicht länger ein optionales Extra in der Forschung sein», schreiben die beiden Wissenschaftlerinnen. «Dies könnte eine der vielen Lehren sein, die wir aus der gegenwärtigen Krise ziehen».