Forschungsprogramm zeigt: Gesundheitswesen muss effizienter werden
Das Wichtigste in Kürze
- Die Experten des Nationalen Forschungsprogramms 74 haben ihre Ergebnisse gezeigt.
- Die Schweizer Gesundheitsversorgung brauche eine bessere Koordination.
- Ausserdem müsse das Umfeld der Patienten besser mobilisiert werden.
Die Gesundheitskosten steigen in der Schweiz seit Jahrzehnten stark an. Gleichzeitig kommt das Gesundheitssystem an seine Grenzen, die Spitäler kämpfen etwa mit überfüllten Notfallstationen.
Das nationale Forschungsprogramm «Gesundheitsversorgung» (NFP 74) des Schweizerischen Nationalfonds zeigt nun mögliche Lösungen auf. Diese beruhen auf den Ergebnissen von insgesamt 34 Projekten, bei denen reale Abläufe im Gesundheitswesen untersucht wurden.
Einen Schwerpunkt bildete dabei die Versorgung von Patientinnen und Patienten mit chronischen Krankheiten. Deren Zahl nimmt aufgrund der Alterung der Bevölkerung laufend zu. «Die Versorgung muss sich in den nächsten Jahren noch mehr auf die Bedürfnisse dieser Menschen ausrichten», sagt NFP74-Präsident Milo Puhan.
Zusammenarbeit der verschiedenen Fachpersonen zentral
Das Forschungsprogramm kommt zum Schluss, dass eine bessere Koordination zwischen den vielen an der Betreuung beteiligten Fachpersonen notwendig ist. Dies sagten die Forscherinnen und Forscher am Donnerstag vor den Medien.
«Bei machen Menschen sind zum Beispiel gleichzeitig Ärztinnen und Ärzte, Spitex, Sozialdienst, Fachspezialisten und psychiatrische Dienste involviert», sagte Projektleiter Milo Puhan. «Es wird schnell sehr komplex, diese Menschen zu versorgen.» Die Zusammenarbeit verschiedener Fachpersonen nehme deswegen eine zentrale Rolle ein.
Ein weiteres Problem sei der Zugang zu Gesundheitsdaten. «Eine grosse Hürde ist dabei das Fehlen von Datenschnittstellen», sagte Sven Streit, der ein entsprechendes Forschungsprojekt leitete. Es gebe viele verschiedene Softwareanbieter. «Die verschiedenen Systeme sprechen aber nicht miteinander», sagte Streit. So hätten beispielsweise Apotheken andere Systeme als Hausarztpraxen.
Pilotprojekt zeigt Vorteile von mobilen Teams bei psychischen Krankheiten
Ausserdem sei ein stärkerer Einbezug des privaten Umfelds notwendig. So wurde im Rahmen des NFP 74 ein Fall im Tessin untersucht. Im Jahr 2016 war eine Abteilung der kantonalen psychiatrischen Klinik durch ein mobiles Team für Krisenintervention zu Hause ersetzt worden. Patientinnen und Patienten aus der Region Bellinzona konnten unter gewissen Bedingungen wählen, zu Hause betreut zu werden.
«Die Rückmeldungen dazu waren sehr positiv. Sowohl von den Patientinnen und Patienten als auch von Angehörigen und dem Fachpersonal», sagte Caiata Zufferey, die dieses Forschungsprojekt leitete. Aus klinischer Sicht sei diese Art der Betreuung ebenbürtig. «Es hat sich gezeigt, dass bei psychischen Problemen die Betreuung zu Hause eine mögliche, wirksame, kostengünstige und sichere Alternative zur stationären Behandlung ist», sagte Zufferey.
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Insgesamt wurden im Rahmen des NFP 74 während fünf Jahren 34 Forschungsprojekte durchgeführt. Die Kosten dafür betrugen 20 Millionen Franken. Nun gehe es an die Umsetzung dieser Erkenntnisse. «Bund und Kantone werden sich mit den Ergebnissen beschäftigen», sagte Puhan. «Ich bin optimistisch, dass Probleme wie der Fachkräftemangel in einzelnen Bereichen so etwas entschärft werden können.»