Gesünder: Alkoholfreier Schaumwein ist so gefragt wie noch nie
Das Bewusstsein für einen gesunden Lebensstil fördert den Absatz von Schaumwein ohne Alkohol. In diesem Jahr konnten diese um fünf Prozent zulegen.

Das Wichtigste in Kürze
- Der Absatz von alkoholfreiem Schaumwein stieg im 2019 um fünf Prozent.
- Die Qualität hat in den letzten zehn Jahren merkbar zugenommen.
Das neue Jahr nicht mit einem Glas Schaumwein begrüssen – das ist für viele undenkbar. Wer keinen Alkohol mag oder aus anderen Gründen abstinent lebt, muss aber nicht zuschauen. Das Angebot an alkoholfreiem Sekt nimmt stetig zu, ebenso die Nachfrage. In den ersten neun Monaten 2019 übertraf der Absatz der Schaumweine ohne Alkohol das Ergebnis im Vorjahresraum um fünf Prozent.
«Wir gehen davon aus, dass sich dieser Trend zum alkoholfreien Schaumwein fortsetzen wird», sagt eine Sprecherin des Verbands Deutscher Sektkellereien. Begonnen habe der Trend im Zeichen eines wachsenden Bewusstseins für gesunden Lifestyle vor drei oder vier Jahren.
Aktuell entfällt etwa fünf Prozent des Sektabsatzes in Deutschland auf alkoholfreie Produkte. «Die Qualität hat sich in den vergangenen Jahren verbessert», sagt Ernst Büscher vom Deutschen Weininstitut.
Früher war alkoholfreier Schaumwein ungeniessbar
Vor etwa zehn Jahren seien alkoholfreie Sekte noch ungeniessbar gewesen. Dies erklärt der Sektmacher Tim Weissbach von der Strauch Sektmanufaktur im rheinhessischen Osthofen.
Doch die Herstellungstechnik habe sich weiterentwickelt. Weissbach begann erst im vergangenen Jahr mit alkoholfreiem Schaumwein. «Die Nachfrage hat sich hervorragend entwickelt, das ist absolut gut angekommen.»
Die Sektmanufaktur entwickelt ihre alkoholfreien Produkte aus Weiss- und Roséweinen im biologischen Anbau. Sie setzt auf das Verfahren der Vakuum-Rektivikation. «Durch die Reduzierung des Umgebungsdrucks sinkt der Siedepunkt», erklärt Weissbach. So verdampft der Alkohol bereits bei 27 Grad anstatt 78 Grad unter normalen Bedingungen.
Prickeln ist wichtig
Die für den fruchtigen Sektgeschmack so entscheidenden Aromen bleiben bei diesen vergleichsweise niedrigen Temperaturen meist erhalten. Leicht flüchtige Geschmackskomponenten werden zuvor abgetrennt und später wieder zugefügt. Der so behandelte Wein wird zum alkoholfreien Sekt, indem man ihm zum Schluss die notwendige Kohlensäure hinzufügt. Diese sogenannte technische Kohlensäure sei allerdings etwas gröber als natürliche Kohlensäure, sagt der Experte Büscher.
Das Prickeln, in der Fachsprache Perlage genannt, mache alkoholfreien Sekt überzeugender als alkoholfreien Wein. Dies sagt Jochen Gradolph vom Weingut Neuspergerhof im pfälzischen Rohrbach. «Die Nachfrage nach Prickelndem nimmt spürbar zu.»
Anstatt den Alkohol zu entfernen, setzt Gradolph für seinen Sekt auf Weine mit weniger Alkohol: «Ein gewisses Alkoholvolumen ist für einen vollmundigen Sekt wichtig. Bei einer frühzeitigen Lese sind aber auch Sekte mit zehn bis elf Prozent Alkohol möglich.» Das muss sorgsam vorbereitet sein - denn während der zweiten Gärung von Wein zu Sekt entsteht ein weiteres Volumenprozent Alkohol.
Töchter wollten mitnippen
Der rheinhessische Sektmacher Volker Raumland favorisiert ebenfalls möglichst leichte Sekte. «Schaumwein zu entalkoholisieren, sehe ich hingegen nicht als so erstrebenswert an. Dadurch verliert das Produkt seine Natürlichkeit.»
Als seine beiden Töchter klein waren, begann er stattdessen mit einem alkoholfreien Trauben-Secco. «Marie-Luise und Katharina haben immer gesehen, wie wir die sprudelnden Gläser vor uns hatten. Da wollten sie natürlich mitnippen.»
So fing Raumland an, Trauben früh zu ernten, um einen möglichst fruchtigen Traubensaft zu erhalten. Diesen versetzte er dann mit Kohlensäure. Heute verkaufe er relativ grosse Mengen davon.
Einen eigenen Weg zum alkoholfreien Feiern mit Schaumwein geht die Sektmanufaktur Schloss Vaux in Eltville am Rhein. Geschäftsführer Christoph Graf überlegte, wie sich der Anteil von süssem Traubensaft reduzieren lässt, ohne diesen zu verwässern. Als sein «persönliches Baby» sei dann das Produkt «Träublein» entstanden.
In Zusammenarbeit mit einer Brauerei im Allgäu wird dafür Gerstenmalz-Sud als Grundstoff der Bierstellung verwendet und mit Milchsäure vergoren. Das Ergebnis mit einer «markanten Säurestruktur» wird dann so mit Traubensaft gemischt, dass der Fruchtsaftanteil nur etwa 30 Prozent erreicht. Als «weinähnliche Aromakomponente» sorgt dann eine winzige Zugabe Schwarzer Johannisbeere für eine leichte Cassis-Note.