Lungenkrebs - Früherkennung und Therapie im Aufschwung
In der Schweiz beträgt die 5-Jahres-Überlebensrate bei Patienten mit Dickdarm-, Brust- und Prostatakrebs rund 70 Prozent. Bei Lungenkrebs sind es nur 14 Prozent. Diesen Unterschied wollen Spezialisten in aller Welt mit neuen Verfahren und Therapien verkleinern.
Das Wichtigste in Kürze
- «Nach dem Bauchspeicheldrüsenkrebs mit einer Fünf-Jahres-Überlebensrate von zehn Prozent ist das Lungenkarzinom die tödlichste Krebsart.
75 Prozent der Fälle werden derzeit erst im Stadium III oder IV entdeckt, in dem eine Heilung nur noch schwer möglich ist«, sagte Arschang Valipour, Leiter der Abteilung für Innere Medizin und Pneumologie am Wiener Krankenhaus Nord-Klinik Floridsdorf, am Dienstag in Wien vor den Medien.
Mit regelmässigen Low-Dose-CT-Untersuchungen von langjährigen Rauchern mit dem höchsten Erkrankungsrisiko lässt sich laut grossen internationalen Studien die Lungenkarzinom-Mortalität um ein Fünftel bis ein Viertel reduzieren. Dann werden bis zu rund 60 Prozent der entstehenden Karzinome bereits im heilbaren Stadium I oder II erkannt. Ohne das Screening gelingt das nur in 13 Prozent der Fälle, hiess es an der Wiener Medienkonferenz.
In Zukunft könnten aber auch Screening-Bluttests auf zirkulierende Tumor-DNA oder Atemgasanalysen in diesem Bereich angewendet werden. Modernste Bronchoskopieverfahren zur Gewinnung von Gewebeproben aus den Bronchien im Verdachtsfall (Ultraschall-gezielt oder per elektromagnetischer Navigation) weisen derzeit eine Treffergenauigkeit von 70 bis 80 Prozent auf. Früher waren es nur 30 bis 50 Prozent.
«Bei Lungenkrebs im Stadium I reicht zumeist die Operation aus. Im Stadium II folgt der Operation eine Chemotherapie. Im Stadium III ist es umgekehrt. Im Stadium IV ist die Operation der Ausnahmefall», sagte Chirurg Michael Müller. Möglichst radikaler Entfernung von Tumor- und befallenem Lymphknotengewebe stünden immer feiner werdende Verfahren der minimal-invasiven Chirurgie gegenüber.
«Lungenkrebspatienten heute zu behandeln, kann begeistern», betonte der Wiener Onkologe Maximilian Hochmair. Noch im Jahr 2008 hätte man neben der Chirurgie ausschliesslich eine Chemotherapie als Behandlungsform zur Verfügung gehabt. Heute stünden mit zielgerichtet bei einzelnen Unterarten von Karzinomen wirkenden Arzneimitteln und mit der modernen Immuntherapie völlig neue Möglichkeiten zur Verfügung.
Vor allem bei Patienten, deren Lungenkarzinom nicht durch das Rauchen verursacht ist, sondern auf Genmutationen beruht (EGFR-, MET-, ALK-, ROS1-Mutationen etc.), lassen sich mit den entsprechenden Medikamenten Ansprechraten von 90 bis 95 Prozent erzielen. 15 Prozent der Erkrankten überleben länger als fünf Jahre.
Weist der Tumor hingegen keine solchen «Treiber-Mutationen» auf, kann eine Immuntherapie helfen. Dies gilt besonders für jenes Drittel der Patienten, bei dem mehr als 50 Prozent der Tumorzellen das Oberflächenmerkmal PD-L1 tragen. Dann kann auch bei fortgeschrittener Erkrankung eine Immuntherapie allein ausreichen, bei weniger als 50-Prozent-Anteil an PD-L1-positiven Zellen wird sie mit Chemotherapie kombiniert.
«Bei richtiger Detektion und Behandlung können mit dieser Strategie bereits Fünf-Jahres-Überlebensraten von 25 Prozent erzielt werden», betonte Hochmair. Das war bis vor einigen Jahren laut dem Experten praktisch undenkbar. Trotz allem wäre aber beim Lungenkarzinom-Problem die möglichst schnelle Reduktion der Raucherquoten auch in Österreich entscheidend.