Menschen schürten am Höhepunkt der Eiszeit erstaunlich heisse Feuer
Feuerstellen aus der Eiszeit sind rar. Warum? Ist bis heute ein Rätsel. Forscher untersuchen nun einen Fundort, der auf diese Periode zurückgeht.

Dass Jäger-Sammler-Gruppen im eiszeitlichen Europa routinierte Feuernutzer gewesen sein mussten, klingt naheliegend. Belastbare Belege dafür in extrem kalten Perioden sind jedoch erstaunlich rar. Ein Forschungsteam mit österreichischer Beteiligung wartet nun aber im Fachblatt «Geoarchaeology» mit der Analyse von Feuerstellen vom Höhepunkt der letzten Eiszeit in der heutigen Ukraine auf. Demnach waren damals gute Pyrotechniker am Werk, die das «teure» Feuer zu nutzen wussten.
Es ist kaum vorstellbar, wann der Bedarf an Wärme grösser war, als im Zeitraum zwischen 26'500 bis vor 19'000 Jahren vor unserer Zeit. Damals herrschte in Europa äusserst frostiges Klima – die letzte Eiszeit war auf ihrem Höhepunkt. Nicht nur lagen grosse Teile des Kontinents unter dicken Eispanzern, die sehr trockenen Bedingungen erschwerten auch das Wachstum der Pflanzen. Das Angebot an verheizbarer Biomasse war also deutlich geringer als heute.
Wie die altsteinzeitlichen Bewohner der halbwegs wirtlichen Gegenden mit Brennstoffen umgegangen sind, ist bis heute weitgehend offen. Klar ist aber, dass das Feuer neben seiner Funktion als Wärmespender und beim Zubereiten von Speisen auch als sozialer Kitt in und zwischen den Gruppen wichtig war. Warum Feuerstellen just aus der kältesten Periode aber so rar sind, «wo man eigentlich eine Explosion solcher Stellen vermuten würde», sei ein Rätsel, erklärte einer der leitenden Autoren der Studie, Philip R. Nigst von der Universität Wien, im Gespräch mit der Nachrichtenagentur APA.
Der nun untersuchte Fundort, der in diese Zeit datiert wird, liegt in unmittelbarer Nähe des Dnister – eines Flusses, der die heutige Westukraine und die Republik Moldau durchfliesst und ins Schwarze Meer mündet. An der Grabungsstelle «Korman' 9» arbeiten Wissenschafterinnen und Wissenschafter bereits seit 2012. Entdeckt wurde die Stelle von Larissa Kulakovska von der ukrainischen Akademie der Wissenschaften und Nigst. Unter anderem kamen dort drei frühere Feuerstellen zum Vorschein, die das Team unter der Leitung von William Murphree von der Universität der Algarve (Portugal) jetzt mit neuen Methoden genau untersucht hat.
Aufgrund der Verfärbungen durch die Hitze im Lössboden unterhalb der Brandstelle lässt sich darauf schliessen, dass im Erdreich rund sechs bis sieben Zentimeter vom Feuer entfernt noch rund 600 Grad Celsius geherrscht haben, erklärte Nigst. Die Menschen nutzten dort Fichtenholz als Brennstoff, und wussten, wie man temperaturtechnisch das Optimum herausholt.
Brennbares war nicht im Überfluss vorhanden
Ausserdem fand man in einer Feuerstelle Knochenreste, die zumindest Temperaturen von 650 Grad ausgesetzt waren, zeigt die Analyse, an der auch Marjolein D. Bosch von der Akademie der Wissenschaften, Uni Wien und dem Naturhistorischen Museum (NHM) Wien beteiligt war. Ob diese und vielleicht auch Fett zusätzlich als Brennstoff benutzt wurden, sei noch nicht klar.
Naheliegend ist aber, dass unter den kargen, kalt-trockenen Bedingungen Brennbares nicht im Überfluss vorhanden war – Bäume wuchsen vermutlich nur neben dem Fluss, sonst dominierten in der laut Nigst am ehesten mit dem Weinviertel vergleichbaren, hügeligen Landschaft Steppengräser und Sträucher. Unter diesen Umständen werde Feuermachen sehr aufwendig – quasi «teuer», erklärte der Archäologe.
Es sei demnach denkbar, dass Feuer in dieser Kältephase tatsächlich keine so eine zentrale Rolle gespielt hat und «zum Überleben vielleicht gar nicht so notwendig war». Vermutlich wurde Fleisch etwa, wie heute auch bei arktischen und subarktischen Gesellschaften, durch Frieren oder Trocknen haltbar gemacht oder auch in sehr kaltem Wasser gelagert.
An die Fundstelle «Korman' 9» dürften die Menschen immer wieder zurückgekehrt sein. Das zeigen nicht nur die Brandspuren, sondern auch eine als Schmuck genutztes durchbohrtes Bernsteinstück, ein durchlochter Fuchszahn und durchlöcherte Schneckengehäuse. «Schmuck verliert man ja bekanntlich recht leicht», so Nigst.
Zudem fanden sich vor allem Schädel-, Wirbel- und Beinknochen von Rentieren, Pferden oder Schneehasen. Gerade die Beine von Rentier und Pferd enthalten viel Fleisch. Schnittspuren an einem Pferdeschädel zeigen etwa, dass die Zunge gezielt entnommen und vielleicht gebraten wurde. Die Menschen nutzten ihre raren Ressourcen also überlegt und schauten sehr genau, welche Fleischstücke es wert waren, an die Feuerstellen gebracht zu werden.