Forscher der ETH Lausanne haben ein neues Verfahren entwickelt, wie man die Sicherheit eines Gebäudes nach einem Erdbeben messen kann.
EPFL
Innenansicht der École polytechnique fédérale de Lausanne (EPFL). - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Forscher haben ein Verfahren zur Sicherheit von Gebäuden nach einem Erdbeben entwickelt.
  • Gegenüber älteren Verfahren ist das neue der ETH Lausanne sicherer und schneller.
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Nach schweren Erdbeben müssen Statiker die Sicherheit betroffener Gebäude prüfen. EPFL-Forschende haben dafür eine Methode entwickelt, bei der sie die Vibrationen des Gebäudes mit Seismometern «abhören» – ähnlich wie ein Mediziner die Herztöne eines Patienten.

Rund 200'000 Gebäude warteten nach den schweren Erdbeben in Mittelitalien im Jahr 2016 auf Inspektion. Um festzustellen, ob beispielsweise Anwohner in ihre Häuser zurückkehren und Schulen wieder öffnen können, nehmen Experten die betroffenen Gebäude in Augenschein und bewerten ihre Sicherheit gemäss einem von italienischen Forschenden entwickelten Prozedere.

Neues Verfahren der EPFL

Zwei bis drei Stunden pro Gebäude dauert dieses Verfahren. Und es bleibt eine gewisse Unsicherheit, ob das Bauwerk einem weiteren Beben standhalten kann.

Eine neue Methode von Forschern um Yves Reuland von der ETH Lausanne (EPFL) könnte Abhilfe schaffen, wie die Hochschule heute Montag mitteilte. Dabei messen die Wissenschaftler die Umgebungsschwingungen von Gebäuden – also Vibrationen, die durch Strassenverkehr, Menschen oder auch Wind verursacht werden.

Dafür bringen die Forscher zwei bis drei Sensoren an verschiedenen Stellen am Bauwerk an und messen die Schwingungen während einer halben Stunde mit einem tragbaren Seismometer.

Vorhersage mittels Computermodell

Anschliessend sortieren sie Signale aus, die auf Wetterbedingungen, Umgebungslärm oder das Alter des Bauwerks zurückgehen. Die übrigen Daten, die Aufschluss über die Struktur des Gebäudes liefern, speisen die Wissenschaftler in ein Computermodell ein.

Dieses berechnet, wie gut das Bauwerk einem neuerlichen Beben standhalten könnte. Die Methode stellten Reuland und Kollegen im Fachblatt «Soil Dynamics and Earthquake Engineering» vor. Sie schätzen, dass das Modell die Standfestigkeit des Gebäudes zu 50 bis 100 Prozent akkurat vorhersagen könnte.

Weiterentwicklung geplant

Die Ergebnisse des Modells könnten Statiker mit ihrer visuellen Bewertung kombinieren und so mit grösserer Sicherheit abschätzen, ob ein Gebäude wieder freigegeben werden kann. Für die Nutzung im grossen Massstab wollen die Forscher ihre Methode jedoch noch weiterentwickeln.

Schon jetzt wäre sie aber geeignet, Gebäude am Rand von Erbeben-betroffenen Gebieten zu bewerten und Anwohnern die Zeit bis zur Rückkehr in ihre Häuser verkürzen, liess sich Studienautor Pierino Lestuzzi in der Mitteilung zitieren.

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