Süchtige Menschen sind von sozialem Abstieg bedroht
Menschen in Suchtbehandlung erleiden oft einen steilen sozialen Absturz. Bei Job- und Wohnungssuche werden sie oftmals benachteiligt.
Das Wichtigste in Kürze
- Wer in Suchtbehandlung ist, erleidet oft einen sozialen Absturz.
- Bei der Job- oder Wohnungssuche kann die Therapie hindernd sein.
- Auch die Wahrscheinlichkeit der Sozialhilfe ist bei Suchtkranken hoch.
Menschen in Suchtbehandlung erleiden oft einen steilen sozialen Absturz. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie Arbeit suchen müssen, ist sechs Mal höher als in der Allgemeinbevölkerung, die Wahrscheinlichkeit einer prekären Wohnsituation ist gar zwanzig Mal höher.
Die soziale Situation von Menschen in Suchtbehandlung verschlechterte sich innert zehn Jahren nach Therapiebeginn deutlich, wie Sucht Schweiz in einer am Dienstag veröffentlichten Studie ausweist.
Die Fachorganisation erfasste die Situation von Menschen mit Suchtproblemen im Auftrag des Bundesamts für Gesundheit.
Soziale Isolation und Selbstabwertung steigen an
Generell zeigte sich, dass nach zehn Jahren ein Rückgang der Erwerbstätigkeit, eine verschlechterte Wohnsituation namentlich bei Spielsüchtigen, ein Anstieg der sozialen Isolation und eine Zunahme der Selbstabwertung eintraten.
Bei Menschen, die wegen Opioid-Konsums behandelt wurden, war die Wahrscheinlichkeit, in der Sozialhilfe zu landen, 28 Mal höher als in der Gesamtbevölkerung. Von allen Behandelten lebten zwei- bis dreimal mehr in sozialer Isolation, wobei Glücksspiel und Tabak eine Ausnahme bildeten.
Der Anteil der unter Selbstabwertung Leidenden war unter den Konsumenten von Cannabis, Kokain und Opioiden doppelt so gross wie in der allgemeinen Bevölkerung.
Bildungsniveau von Suchtbehandelten ist tief
Obwohl das Bildungsniveau in der Bevölkerung bis 2017 stark zunahm, gab es bei den Suchtbehandelten diese Entwicklung nicht im gleichen Mass. Der Anteil der Personen mit höchstens der obligatorischen Schulbildung war bei ihnen bis zu vier Mal höher als in der restlichen Bevölkerung. Eine Ausnahme gab es beim Alkoholkonsum.
Für die Studienverfasser ist es wichtig, Sucht und Arbeitsverlust zu entstigmatisieren. Wer sich schäme, suche nicht rasch Hilfe. Würden die Probleme öffentlich diskutiert, erleichtere das den Betroffenen die Suche nach Hilfe.
Die Studie basiert auf die Beobachtung von stationär und ambulant Behandelten und auf der alle fünf Jahre durchgeführten Gesundheitsbefragung von 2007, 2012 und 2017. Die Untersuchung umfasst die Lebensumstände von Menschen mit Drogenkonsum (Alkohol, Tabak, Cannabis, Kokain, Opioide) sowie Menschen mit Geldspiel-Problemen.