60-jähriger Marathon-Rekordhalter: «Rennen hielt mich auf Planeten»
Der Ire Tommy Hughes hält den Halbmarathon-Weltrekord der über 60-Jährigen. Die Liebe zum Rennen hat ihm vor wenigen Jahren das Leben gerettet.
Das Wichtigste in Kürze
- Tommy Hughes hat einen Rekord im Langstreckenlauf der über 60-Jährigen aufgestellt.
- Mit seinem Sohn Eoin realisierte er zudem einen Vater-Sohn-Marathonrekord.
- Ohne seine Leidenschaft für das Rennen hätte der Ire jedoch bereits tot sein können.
Die unermüdliche Willenskraft brachte Tommy Hughes mit einer Laufzeit von 2:30:02 über die Ziellinie des Lisburn-Festival-of-Running-Marathons.
Der Langstreckenläufer hat damit den Weltrekord der über 60-Jährigen um mehr als sechs Minuten unterboten. Der bisherige Rekord wurde 2009 vom Japaner Yoshinisa Hosaka mit einer Zeit von 2:36:30 aufgestellt.
Derry man Tommy Hughes does it again, cutting his own record by over 6 minutes 👏
— SportsJOE (@SportsJOEdotie) October 26, 2020
Another incredible run. Another world record. pic.twitter.com/SrB5k2fLg5
Eine grandiose Leistung des Iren. Die grenzenlose Entschlossenheit sowie Hughes Liebe zum Rennen hat ihn vor wenigen Jahren vor dem Tode bewahrt.
Schwere Depressionen und Alkoholsucht
Der gelernte Elektriker gewann 1988 sowie 1998 den Belfast-Marathon, 1991 den Dublin-Marathon und nahm 1992 an den Olympischen Spielen teil.
Mit Anfang 50 bemerkte er sporadisch aufkommende Stimmungsschwankungen. «Ich bekam Anfälle von wirklich schlimmen Depressionen und fing an, viel zu trinken. Ich trank ein paar Wochen lang, dann riss ich mich zusammen und fing an zu trainieren. Aber die Stimmungsschwankungen kamen zurück», so Hughes gegenüber «Runner's World».
In den schlimmsten Zeiten trank er jeden Abend eine ganze Flasche Wodka. Wenn er nicht arbeitete, wurde es umso schlimmer.
Nach einem schlimmen Anfall brachte ihn seine Frau ins Spital, was der Wendepunkt seiner Sucht darstellte. Ein Bluttest ergab einen extrem hohen Kalziumwert im Blutkreislauf.
Fluch und Segen zugleich
«Meine Nebenschilddrüse nahm Kalzium aus meinen Knochen auf und pumpte es direkt in meinen Blutkreislauf. Wäre es nicht erkannt worden, wären meine Knochen in den kommenden Jahren brüchig geworden. Und ich hätte nicht mehr gehen können. Zu trinken war der verdeckte Segen, das herauszufinden», so der Vierfach-Vater.
Nachdem eine defekte erbsengrosse Drüse in seinem Nacken gefunden und operativ entfernt wurde, ging es für Hughes wieder bergauf. Nur wenige Wochen nach dem Eingriff verhalf er Irland zur Bronze im Halbmarathon bei den World Masters Championships in Spanien.
Zu seinem grössten Erfolg zählt er den Rekord im vergangenen Oktober in Frankfurt. Da schloss er sich mit seinem Sohn Eoin (34) zusammen, um den Rekord im Vater-Sohn-Marathonlauf aufzustellen. Hughes lief einen Weltrekord der über 55-Jährigen in 2:27:52, während Eoin 2:31:30 brauchte.
«Das ist die grösste Leistung für mich. Grösser als die Olympischen Spiele», so der stolze Rekordhalter.
Seit 2018 hat er keinen Tropfen Alkohol mehr getrunken. Für Tommy Hughes ist klar: «Ohne zu rennen, hätte ich zwei Meter unter der Erde sein können. Das Rennen hielt mich auf diesem Planeten.»