Brexit-Deal steht: Johnsons Erfolg ist kein Durchbruch

Benedikt Theiler
Benedikt Theiler

Belgien,

Der Deal steht, nicht aber die Mehrheit im britischen Unterhaus. Wie auch der Brexit-Deal von Theresa May hat auch Johnsons Abkommen einen schweren Stand.

johnson juncker brüssel brexit
Boris Johnson (l), Premierminister von Grossbritannien, und Jean-Claude Juncker, Präsident der Europäischen Kommission, sprechen im Vorfeld der Eröffnungssitzungen des Gipfels der EU-Staats- und Regierungschefs. Unmittelbar vor dem EU-Gipfel haben Grossbritannien und die Europäische Union einen Durchbruch im Streit um den Brexit erzielt. - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Grossbritannien und die EU haben einen neuen Brexit-Deal.
  • Doch nun muss Premierminister Boris Johnson den Deal im britischen Unterhaus durchringen.
  • Fällt der Deal durch, muss der Premier um eine Brexit-Verschiebung ersuchen.

Endlich! Boris Johnson kann seinen ersten grossen Erfolg als britischer Premier verbuchen. Ihm gelingt es, mit dem Brexit-Unterhändler der EU, Michel Barnier, einen Deal auszuhandeln.

Am Donnerstagmittag verkündete EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker den Erfolg: «Wo ein Wille ist, ist auch ein Deal – wir haben einen!», verkündet der scheidende EU-Chef auf Twitter. Auch Johnson äusserte sich: «Wir haben einen grossartigen neuen Deal, welcher uns die Kontrolle zurückgibt.»

Doch ist es wirklich ein Erfolg? Wohl kaum, denn bereits Johnson-Vorgängerin Theresa May präsentierte einen mit der EU ausgehandelten Deal. Und scheiterte dreimal im britischen Unterhaus.

Parlament muss Deal für Brexit absegnen

Und ebendiese schwierige Hürde steht nun auch Johnsons Deal bevor. Nachdem am Nachmittag die EU-Staats- und Regierungschefs dem Deal zugestimmt haben, liegt es nun am britischen Parlament, den Deal abzusegnen. Die Debatte darüber ist am Samstag angesetzt.

Doch klar ist: Der Johnson-Deal hat einen schweren Stand. Die nordirische DUP hat deutlich gemacht, dass sie den Deal weiterhin ablehne. Die DUP ist relevant, damit Johnson einen Deal im Parlament durchbringen kann.

Und auch der Chef der grössten britischen Oppositionspartei, Jeremy Corbyn, stellte klar: Seine Partei sei «unglücklich» mit dem Abkommen und unterstütze es nicht. «Es scheint, dass der Premierminister einen noch schlechteren Deal verhandelt hat als Theresa May.» Gleichzeitig fordert der Labour-Chef ein zweites Brexit-Referendum.

Zudem zeigen sich auch Nigel Farage von der Brexit-Partei und die schottischen Nationalisten der SNP abgeneigt.

Zollpartnerschaft anstelle von Backstop

Johnson brauch deshalb wohl einiges an Überzeugungskraft, um eine Mehrheit im Parlament zu erreichen. Zumal der neue Vertrag von Johnson nicht viel Neues enthält. Das meiste entspricht dem May-Deal.

Die wichtigste Änderung ist, dass der Backstop in dieser Form wegfällt. Neu soll Nordirland in einem Zollgebiet mit Grossbritannien verbleiben. Gleichzeitig gelten die EU-Regeln im Umgang mit Waren, die an der Grenze zwischen Nordirland und Grossbritannien kontrolliert werden.

Ireland Brexit
Ein Schild, das es nach dem Brexit keine feste Grenze zwischen Irland und Nordirland fordert. - keystone

Mit dieser «Zollpartnerschaft» bliebe der Warenverkehr auf der irischen Insel zollfrei. Eine Lösung, die laut Experten funktioniert, aber sehr komplex zu regeln wäre.

Barnier zeigt sich zuversichtlich, dass bei einer Zustimmung im Unterhaus ein geordneter Austritt am 31. Oktober weiter möglich ist. Doch es bleiben nicht mal zwei Wochen, um das komplexe Regelwerk einer «Zollpartnerschaft» auszuarbeiten.

Deal oder zweites Referendum?

Fällt Johnson durch, muss er von Gesetztes wegen bei der EU um eine Brexit-Verschiebung ersuchen. Juncker erklärte heute, dass es keine Verschiebung über den 31. Oktober hinaus geben wird. Dies wohl eher um Druck auf das britische Parlament aufzubauen, damit es dem Deal zustimmt, als tatsächlich einen harten Brexit zu verlangen.

Bei einem weiteren «Nein» im Unterhaus rückt eher ein zweites Brexit-Referendum in den Fokus. Dies dürfte insbesondere Jeremy Corbyn freuen, der dann aufs Premierminister-Amt hoffen kann.

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