Jubiläums-Gipfel: Darum herrscht bei der Nato Katerstimmung
Die Nato-Partner feiern in London ihr 70-jähriges Bestehen. Doch der Gipfel in Grossbritannien ist der wohl Schwierigste in der Geschichte des Bündnisses.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Nato trifft sich in London zum 70-Jahre-Jubiläum.
- Viele brisante Themen stehen beim Jubiläums-Gipfel an.
- Nur beim Thema China scheint einigermassen Einigkeit zu herrschen.
Die Nato feiert Jubiläum – vor 70 Jahren, im April 1949, wurde der Nordatlantikpakt in Washington gegründet. Heute Mittwoch endet nun der Jubiläums-Gipfel in Watford bei London.
Der offizielle Auftakt des Jubiläums war am Dienstagabend. Die Queen höchstpersönlich empfing die Staats- und Regierungschefs im Buckingham Palace. Danach nahm auch der Gastgeber, der britische Premierminister Boris Johnson, die Teilnehmer in Empfang.
Dieser mahnte dann auch alle Partner zum anhaltenden Engagement für die Allianz: «Die Geschichte zeigt, dass Frieden keine Selbstverständlichkeit ist.»
China als Gefahr
Offenbar werden sich die Nato-Staaten auf eine gemeinsame Abschlusserklärung einigen können. Darin wird die aufstrebende Militärmacht China erstmals explizit als mögliche neue Bedrohung erwähnt. «Wir erkennen, dass der wachsende Einfluss und die internationale Politik Chinas sowohl Chancen als auch Herausforderungen darstellen, die wir als Allianz zusammen angehen müssen», soll in der Abschlusserklärung stehen.
Doch auch wenn die gemeinsame Abschlusserklärung Einigkeit demonstrieren soll, beim Gipfel selbst herrscht eher Katerstimmung anstelle von Feierlaune. Die Nato steckt in einer Krise.
Macron steht zu Hirntod-Aussage
Den Höhepunkt erreichte diese, als der französische Präsident Emmanuel Macron Anfang November das Bündnis für «Hirntod» bescheinigte. Es gäbe keine Koordination bei strategischen Entscheiden zwischen den USA und der Nato. Schon seit längerem fordert darum Macron mehr europäische Eigenständigkeit bei der Verteidigung.
Zudem kritisierte Macron Nato-Mitglied Türkei für sein «unkoordiniertes, aggressives» Vorgehen im Nahen Osten.
Die Äusserungen sorgten in den letzten Wochen für massive Kontroversen im Bündnis. Bundeskanzlerin Merkel kritisierte etwa die «drastischen Worte». Für den sonst eher Nato-kritischen Trump waren die Aussagen«beleidigend, gefährlich und respektlos».
Mitglied Türkei in der Kritik
Seit 1952 ist die Türkei Mitglied im Pakt. Nun drohen dem Nato-Partner Strafmassnahmen. Grund ist der umstrittene Kauf des russischen Raketenabwehrsystems S-400. Ein «Rechtsbruch» Ankaras, wie etwa einflussreiche US-Senatoren in einem Brief an Aussenminister Mike Pompeo betonen.
Heikel ist der Kauf auch darum, weil mit dem System Russland über das empfindliche Radar an Daten über die Fähigkeiten des US-Kampfjets F-35 gelangen könnte. Und ohnehin stösst so manchem Nato-Partner sauer auf, dass sich die Türkei näher an Russland binden will.
Zudem brachte die Türkei zuletzt richtig in Bedrängnis. Beim Einmarsch in Nordsyrien im Herbst 2019 verlangte die Türkei ein «klares und deutliches» Bekenntnis der Solidarität seitens der Nato. Viele Nato-Mitgliedsstaaten verurteilten die Offensive gegen Kurdenmilizen jedoch scharf.
Streitpunkt Finanzierung gelöst?
Ein weiterer Streitpunkt unter den Nato-Staaten ist seit Längerem die Finanzierung. Laut Trump gäben die USA rund 4,0 bis 4,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Verteidigung aus. Deutschland hingegen nur 1,0 bis 1,2 Prozent. «Das ist nicht fair», wie Trump mehrmals betonte.
Gemäss Nato-Statistik hat Trump bei den Zahlen ein bisschen geflunkert. So liegen die US-Ausgaben tiefer und die von Deutschland etwas höher. Doch klar ist, dass die Deutschen ihre Militärausgaben weit unter den von der Nato vorgegebenen 2 Prozent des BIP liegen.
Nun soll ab 2021 der Anteil Deutschlands an das Militärbündnis angehoben werden. Künftig soll Deutschland gleichviel einzahlen wie die USA. Trump zeigte sich sichtlich zufrieden.