Auch im Inselspital Bern ist die Lage prekär – Personal «zermürbt»
Die Intensivstation im Inselspital Bern ist zu 90 Prozent gefüllt. Kommen jetzt noch Winter-Sportunfälle dazu, «wird es sehr knapp».
Das Wichtigste in Kürze
- Die Intensivstation im Inselspital in Bern ist zu 90 Prozent gefüllt.
- Der Chefarzt warnt vor einer Überlastung sollten jetzt noch Skiunfälle dazu kommen.
- Fachärzte leisten seit Monaten 13,5-Stunden-Tage.
90 Prozent der Kapazitäten auf der Intensivstation sind im Berner Inselspital ausgeschöpft. Ärzte und Pflegepersonal blicken deshalb mit grosser Sorge auf ansteigende Covid-Ansteckungszahlen. «Es würde uns nachhaltig treffen, wenn die Ansteckungszahlen weiter steigen». So Stephan Jakob, Chefarzt für Intensivmedizin der Insel-Gruppe am Mittwoch bei einem Mediengespräch gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
Die Intensivstationen spüren die Zunahme jeweils mit einer Zeitverzögerung von zwei bis drei Wochen. Doch bereits jetzt ist die Situation laut Jakob fragil. «Wir haben zusätzlich 16 Beatmungsgeräte in Betrieb genommen und dies auf Abteilungen, auf denen normalerweise keine Intensivpatienten liegen.» Mit diesen Zusatzbetten sind 90 Prozent der entsprechenden Kapazitäten ausgeschöpft.
Inselspital Bern: Die ersten Ski-Verunfallten bereits eingeliefert
Das sei derzeit noch gerade zu bewältigen, sagte der Klinikdirektor. Doch wenn jetzt zu steigenden Covid-Fällen noch Sportunfälle dazu kämen, «dann wird es sehr knapp». Bei 70 Prozent der Insel-Eintritte handle es sich um Notfälle – «darunter sind jetzt schon die ersten Skiunfälle.» Jakob weist dabei auf das grosse Einzugsgebiet des Berner Universitätsspitals hin.
Am Anschlag ist auch das Pflegepersonal. Normalerweise kümmert sich in der Intensivpflegestation eine Pflegefachperson um einen Patienten. Doch statt 1:1 lautet das Verhältnis nun 1:4.
Fachärzte arbeiten seit Monaten 13,5 Stunden pro Tag
Zwar wird das Personal von Hilfskräften unterstützt. Doch diese müssten angelernt und begleitet werden. Die Fachärzte ihrerseits arbeiten im Zwei-Schichten-Turnus mit je 13,5 Stunden pro Tag – und das seit drei bis vier Monaten.
«Wir haben heute im Vergleich zum Frühjahr bei den Covid-Patienten eine doppelt so hohe Mortalität». Dies habe verschiedene Ursachen. «Wir können nicht ausschliessen, dass die Qualität schlechter ist, weil weniger ausgebildetes Personal für den Patienten da ist.»
15 Prozent des Personals ausgefallen
Petra Fuchs, Leiterin Pflege im Notfallzentrum, spricht im Gespräch mit Keystone-SDA von einem «guten Teamgeist» beim Personal. «Aber ich merke, dass die Leute langsam zermürbt sind.» 15 Prozent des Personals sind ausgefallen. Sei es, weil sie selber erkrankt, sich in Quarantäne befinden oder aus anderen Gründen ausfallen.
Das sei eine grosse Zahl, sagt Fuchs, «denn im Stellenplan haben wir keine Reserven.» Ausfälle müssen vom Rest des Teams getragen werden. Für die Feiertage hat Fuchs sicherheitshalber eine Person zusätzlich eingeplant, damit Personalausfälle kompensiert werden können.
Denn gerade an Weihnachten und Neujahr, wenn die meisten Arztpraxen schliessen, ist der Andrang im Notfall des Inselspitals besonders gross. «Wir haben eine Aufnahmepflicht und können niemanden abweisen.»