Krieg

Ausgeschaffter Ukrainer lebte seit Kindheit in Zürich

Etienne Sticher
Etienne Sticher

Zürich,

Ein Ukrainer wurde ausgeschafft, weil er einen Mann niedergeschlagen und 20 Franken gestohlen hat. Gleich beim Grenzübertritt erhielt er den Marschbefehl.

ukrainer
Ein Ukrainer, der seit der Kindheit in der Schweiz lebte, wurde ausgeschafft. Er erhielt sofort den Marschbefehl, es droht ein Einsatz im Krieg. (Symbolbild) - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Schweiz hat drei Ukraine ausgeschafft, obwohl ihnen nun der Krieg droht.
  • Ein Gericht und eine Anwältin kritisieren den Entscheid.
  • Einer der Betroffenen erhielt gleich beim Grenzübertritt den Marschbefehl.

Ende Oktober schob die Schweiz drei straffällige Ukrainer ab. Dabei äusserte sogar ein Gericht Bedenken. Und eine Expertin kritisiert das Vorgehen als «möglicherweise rechtswidrig», wie der «Beobachter» berichtet.

Einer der drei Ukraine kam mit zehn Jahren in der Schweiz. Vor acht Jahren wurde er dann straffällig: Der suchtkranke Mann schlug eine Person nieder und stahl 20 Franken. Wegen dieses Raubes und anderer Delikte wurde er zu 26 Monaten Haft und zu einem Landesverweis von acht Jahren verurteilt.

In zweiter Instanz wurde die Strafe auf 20 Monate und fünf Jahre Landesverweis verkürzt. Die Ausschaffung wurde nach Verbüssen der Haftstrafe aufgeschoben, der Ukraine kam in eine stationäre Suchttherapie. Am 30. Oktober dieses Jahres wurde der Mann dann aber abgeschoben.

Noch am Vortag urteilte das Zürcher Zwangsmassnahmengericht, dass die Ausschaffung «unzumutbar» sei. Die Ukraine wolle mit einem neuen Mobilisierungsgesetz möglichst viele Männer einziehen. Der drohende Kriegseinsatz könne mit dem Tod oder einer schweren körperlichen Versehrtheit enden, so das Gericht.

Findest du es richtig, dass straffällige Ukrainer abgeschoben werden?

Es argumentiert, dass die Ausschaffung aufgeschoben werden müsse, wenn die Person im Heimatland an Leib und Leben gefährdet sei. Dieses Rückschiebungsverbot ist völkerrechtlich geschützt und im Schweizer Gesetz verankert. Eine Prüfung habe das Zürcher Migrationsamt aber nicht durchgeführt.

Und das findet Fanny de Weck, Expertin in Sachen Landesverweis, «möglicherweise rechtswidrig». Das Migrationsamt habe nicht abgeklärt, ob ein zwingendes Vollzugshindernis vorliege. Dabei habe das Gericht das Amt auf mögliche Vorbehalte der Zulässigkeit der Rückweisung aufmerksam gemacht. Die Anwältin sagt auch, man hätte dem Betroffenen Zeit geben müssen, um sich mit einem Anwalt auszutauschen.

Marschbefehl gleich bei der Einreise erhalten

Trotz aller Vorbehalte wurde der Ukrainer aus der Ausschaffungshaft entlassen, sogleich festgenommen und via Polen an die ukrainische Grenze gebracht. Das Zwangsmassnahmengericht entscheidet nur über die Zulässigkeit der Ausschaffungshaft, nicht aber über den Vollzug der Rückweisung.

Das Migrationsamt wehrt sich, der Mann habe nie um einen Aufschub des Landesverweises ersucht. Der mögliche Einzug in die Armee und der Kriegseinsatz seien kein Grund, ihn nicht auszuschaffen. Zudem habe das Staatssekretariat für Migration «klar zum Ausdruck» gebracht, dass die Abschiebung rechtens sei.

Der Ukrainer, der grösstenteils in der Schweiz aufgewachsen ist, ist deshalb seit einigen Tage wieder in seinem Heimatland. Und wie der «Beobachter» berichtet, hat er gleich bei der Einreise den Marschbefehl erhalten.

Weiterlesen

92 Interaktionen
Huthi-Miliz Rekrutierung Wladimir Putin
45 Interaktionen
Eritreerin Flüchtling Fremdenpolizei
178 Interaktionen

Mehr aus Stadt Zürich

führungskraft
2 Interaktionen
Zürich:
13 Interaktionen