BLS: Skifahrer sicher – bei vollem Zug darf man in 1. Klasse
Bei einem Zug der BLS ist die 2. Klasse am Wochenende voll. Skifahrerinnen weichen in die 1. Klasse aus, obwohl keine entsprechende Durchsage kommt. Erlaubt?
Das Wichtigste in Kürze
- An Wochenenden oder zu Pendelzeiten ist die 2. Klasse oft überbelegt.
- Darf man dann auch ohne entsprechende Durchsage in die 1. Klasse wechseln?
- Die BLS erklärt und zeigt einige Alternativen auf.
Es sind die Bilder, die Pendler nicht sehen wollen. Am Sonntagnachmittag fährt in Frutigen BE der Zug aus dem Wallis ein. Weil es ein traumhaftes Ski-Wochenende war, ist er vollgestopft.
In der 2. Klasse des BLS-Zuges gibt es kein Durchkommen. Menschenmassen stehen Schulter an Schulter, mit Skis, Rucksäcken und Schlitten da. Nicht einmal mehr Einsteigen geht.
Da ist für viele Skifahrer, die in Frutigen am Perron warten, klar: Wir steigen dort ein, wo es noch Platz hat.
Ohne Klassenwechsel in die 1. Klasse
«Hast du auch keinen Klassenwechsel gelöst?», hört man kurz darauf zwei junge Frauen tuscheln. Sie sitzen in der 1. Klasse auf dem Boden, denn nicht einmal hier hat es noch Sitzplätze frei.
Die Studentinnen sind überzeugt: «Wenn der Zug so voll ist, darf man gratis in die 1. Klasse wechseln.»
Stimmt das?
Nau.ch hat bei der Bern-Lötschberg-Simplon-Bahn (BLS) nachgefragt. Die Antwort ist klar: «Auch in vollen Zügen gilt, dass das Billett für die entsprechende Klasse gekauft werden muss.»
BLS: «... dann wäre die 1. Klasse immer besetzt»
Die Begründung liefert die BLS gleich mit: «Dürfte man bei Platzmangel mit 2.-Klasse-Billetts die 1. Klasse benützen, wäre diese in der Hauptverkehrszeit immer besetzt.»
Die Reisenden mit einem Billett für die 1. Klasse hätten so keinen Platz.
Die beiden Frauen irren also.
Ihre Überzeugung kommt wohl daher, dass bei einer überfüllten 2. Klasse oft eine Durchsage kommt, dass man sich in der 1. Klasse aufhalten darf.
Die Macht der Reisebegleiter
Nur: Nach welchen Kriterien wird diese Durchsage gemacht?
Die BLS: «Dies liegt im Ermessen der Reisebegleiter. Sie entscheiden situativ, ob sie die 1. Klasse ausnahmsweise für Reisende mit Fahrausweisen der 2. Klasse freigeben.»
Heisst unter dem Strich: Ohne entsprechende Durchsage ist der Aufenthalt in der 1. Klasse für Personen ohne entsprechendes Ticket nicht gestattet. Auch nicht dann, wenn der Zug proppenvoll ist.
Die beiden Skifahrerinnen riskieren mit ihrem Aufenthalt also eine Busse. Sie haben Glück: Es kommt während der gesamten Fahrt kein Kontrolleur.
Trotzdem: Was sollen die Reisenden machen, wenn es in der 2. Klasse schlicht keinen Platz hat?
Die BLS meint: «Wir empfehlen, vor der Reise im Onlinefahrplan die Prognose für die Auslastung zu prüfen.»
Klassenwechsel oder gleich ein anderer Zug?
Bei sehr vollen Zügen solle man – sofern möglich – eine alternative Verbindung in Betracht ziehen!
Die Reisenden hätten zudem die Möglichkeit, via App spontan einen Klassenwechsel zu kaufen.
Und die BLS schickt noch einen Gratistipp mit: «Unsere Erfahrung zeigt, dass sich die Reisenden oft nicht gleichmässig über den ganzen Zug verteilen. Meistens hat es am Schluss oder an der Spitze des Zuges noch freie Plätze.»
Weshalb in Spitzenzeiten nicht einfach längere Züge einsetzen? «Wenn wir wissen, dass mit viel Andrang gerechnet werden muss, machen wir das», sagt die BLS.
Das sei aber leider nicht immer möglich. «Wenn die Züge schon mit einer maximalen Länge verkehren, wären die Bahnhöfe unterwegs dann zu kurz.»
Den Skifahrerinnen bleibt beim nächsten Mal also nur der Blick auf die App. Oder das Hoffen darauf, dass auch dieses Mal kein Kontrolleur kommt ...