Böse Schwiegermutter: Werbeplakat für Handy-Abo eckt an
Ein Vergleichsportal nutzt die Schwiegermutter als Werbesujet. «Dieses Negativklischee ist ein Hohn», sagt SP-Nationalrätin Anna Rosenwasser.

Das Wichtigste in Kürze
- «Schwiegermutter wechseln? Schwierig. Handy-Abo wechseln? Einfach.»
- Der Slogan des Vergleichsportals Alao sorgt für Kritik.
- Die Alao AG zeigt sich aber offen für «nervige Schwiegerväter».
Sie ist fit wie ein Turnschuh und macht das Leben der jungen Ehefrauen zur Hölle: die böse Schwiegermutter. Neuerdings ist das Klischee auch Teil einer Werbekampagne des Vergleichsportals Alao.ch.
«Schwiegermutter wechseln? Schwierig. Handy-Abo wechseln? Einfach», steht auf dem Werbeplakat. Daneben abgebildet ist eine böse blickende ältere Dame.
Bei SP-Nationalrätin und Aktivistin Anna Rosenwasser kommt das Plakat, das zurzeit an verschiedenen Schweizer Bahnhöfen hängt, schlecht an. «Mich motivieren sexistische Klischees auch immer mega, mein Handyabo zu wechseln», spottet sie in einem Instagram-Post.
Beispiel auf Plakat sei tief im Bewusstsein verankert
Ihre Follower fragt die Aktivistin, ob ihnen auch schon aufgefallen sei, dass es das Klischee der bösen Schwiegermutter gebe. «Aber nicht des bösen Schwiegervaters.»
Dasselbe sei der Fall mit der Stiefmutter und der Rabenmutter, so die Nationalrätin.
Userinnen geht der Slogan auch gegen den Strich. «Ich habe genau das Gleiche gedacht, als ich das Plakat heute Morgen am Bahnhof gesehen habe», schrieb eine Userin.
Eine andere Userin führt ins Feld, dass Werber eigentlich kreative Menschen sein sollten. «Umso weniger kann ich nachvollziehen, warum man(n) 2025 immer noch mit solch plumpen Sprüchen daherkommt.»
Manche Kommentierende fühlen sich ertappt. Dieses Beispiel sei so tief in ihrem Bewusstsein verankert, meint eine Userin. «Dass ich gar nicht gecheckt habe, dass es ein sexistisches Klischee sein kann.»
«Männergrippe»
Ein Mann relativiert. «Wir Männer dürfen in der Werbung dafür hinhalten bei der ‹Männergrippe›», entgegnet ein User. Auch sei der Mann der «Kitabetreuer, der Intoleranzen vergisst» beziehungsweise «Kinder im Wald vergisst».
Für ihn ist klar: «Würde man(n) Frauen als so deppert hinstellen, wär' das Geschrei riesig.» Vielleicht gehöre manchmal einfach ein Augenzwinkern dazu.
Anna Rosenwasser bedauert, dass Werbeprofis Schwiegermütter für «solche Witzchen» missbrauchen.
Gerade Schwiegermütter übernähmen unzählige Stunden unbezahlte Care-Arbeit, sagt die SP-Nationalrätin zu Nau.ch.
Tatsächlich übertrafen Frauen Männer 2020 mit der geleisteten Haus- und Familienarbeit um neun Stunden. Dies zeigt eine Studie des Bundesamts für Statistik (BFS).
Klischee sei doppelt problematisch
Rosenwasser stellt immer wieder fest, wie abhängig viele Familien von der Unterstützung der Schwiegermütter sind. «Wenn man bedenkt, was die Schwiegermütter alles leisten, ist dieses Negativklischee ein Hohn.»
Das Klischee findet Rosenwasser doppelt problematisch. «Dabei werden nicht nur Frauen, sondern dazu auch noch ältere Frauen diskriminiert.»
Die Alao AG verwendete für ihre Kampagne auch andere Wechsel-Vergleiche. Diese bezeichnen das Wechseln des Tattoos, der Kinder oder des Vereins als schwierig.
«Das war sicher keine Absicht»
Walter Salchli ist Geschäftsführer der Alao AG. Die landläufige Meinung gehe von einem komplizierten Wechsel eines Handy-Abos aus, sagt er auf Anfrage. Sie wollten mit der Kampagne aufzeigen, dass der Wechsel mit ihrem Angebot ganz einfach sei.
Ziel der Werbekampagne ist es laut Salchli, dies auf möglichst schnelle und merkfähige Weise zu tun.
Der Geschäftsführer gibt an, bisher nur positives Feedback auf die Sujets der Kampagne erhalten zu haben. «Falls wir aber jemanden mit diesem spezifischen Sujet zu nahe getreten sein sollten, war das sicher keine Absicht.»
Dennoch zeigt sich Salchli offen für Anpassungen. «Falls wir die Kampagne weiterentwickeln, machen wir vielleicht etwas mit ‹nervigen› Schwiegervätern.»
«Schwiegermutter ist keine friedliche Rolle»
Verklären will Anna Rosenwasser die Rolle der Schwiegermutter jedoch nicht. «Ich sage nicht, dass es eine friedliche Rolle ist», sagt sie.
Die heutigen Schwiegermütter hätten oft ihr Leben lang für alles, was sie gemacht hätten, nicht genug Wertschätzung erhalten, sagt Rosenwasser. «Das ist ein Nährboden für Konflikte.»
Zudem ist laut Rosenwasser auch klar, warum das Verhältnis der Gesellschaft zum Schwiegervater entspannt ist. «Männern wird es zugestanden, sich aus zwischenmenschlichen Beziehungen auch mal rauszuhalten.»
Denn von Männern werde im Gegensatz zu Frauen auch nicht erwartet, ständig Harmonie herzustellen.
Daher werde von ihnen auch nicht ständig erwartet, für Harmonie zu sorgen.
Haarschnitt oder Ferienort als Alternative
Werbeexperte Felix Murbach weiss, welchen Zündstoff solche Kampagnen haben. «Solche Darstellungen können als abwertend gegenüber Frauen empfunden werden», sagt er.
Dies besonders in einer Zeit, in der gesellschaftliche Sensibilität für Gleichstellung und die Vermeidung von Stereotypen zugenommen hätten.

Als Alternative empfiehlt Murbach, anstelle einer bestimmten Personengruppe neutralere Vergleiche zu wählen. «Etwa ‹den Haarschnitt wechseln› oder ‹den Ferienort wechseln›.»
Ob die Werbung tatsächlich sexistisch ist, bleibt laut Murbach Ansichtssache. «Meine Empfehlung: Unternehmen sollten ihre Botschaften im Vorfeld auf gesellschaftliche Sensibilitäten prüfen.»
Auf diese Weise könnten sie unnötige Kontroversen vermeiden und würden die gewünschte Werbewirkung nicht gefährden.