«Breit, aber mangelhaft recherchiert»: Presserat rügt Tamedia
Der Presserat hat das Medienunternehmen Tamedia für einen «mangelhaft» recherchierten Artikel gerügt. Der Text wurde im Dezember 2020 veröffentlicht.
Das Wichtigste in Kürze
- Tamedia wurde durch den Presserat gerügt.
- Grund dafür ist ein Artikel, in dem es um einen Kesb-Gutachter geht.
- Dieser sei schlecht recherchiert worden und enthielt nicht korrekte Aussagen.
Der Presserat hat die Tamedia-Redaktion wegen eines Artikels mit dem Titel «Kesb-Gutachten: Umstrittener Gutachter in Bedrängnis» gerügt. Der im Dezember 2020 publizierte Text verstosse gleich gegen zwei Ziffern des Journalistenkodex.
Im Artikel, der online und in den Printausgaben der Tamedia-Zeitungen erschien, schrieb eine Journalistin, dass ein Kesb-Gutachter zwei Mal wegen falscher Rechnungsstellung verurteilt worden sei. Zudem biete er psychiatrische Dienstleistungen an, obwohl er nicht über die richtige Ausbildung verfüge.
Artikel mit Vorgeschichte liegt zu weit zurück
Der Presserat kam nun zum Schluss, dass die erste Kritik zu knapp erläutert gewesen sei, wie er am Mittwoch mitteilte. Diese Kritik sei Inhalt eines vor fast zwei Jahren veröffentlichten Artikels gewesen, was aber zu weit zurückliege, als dass sich die Leserschaft ein klares Bild hätte machen können.
Der knappe Verweis auf die frühere Publikation genüge nicht. Der Gutachter hätte zudem erneut mit den Vorwürfen konfrontiert werden müssen, erklärte der Presserat. Zudem sei die Aussage, der Gutachter sei zwei Mal wegen falscher Rechnungen verurteilt worden, nicht korrekt gewesen.
Im einen der zwei gerichtsrelevanten Fälle ging es den Angaben zufolge um eine übliche Honorarkürzung. Verurteilt wurde der Gutachter dabei nicht. Beim zweiten Fall sei es um einen nicht weiter belegten, zivilrechtlichen Entscheid gegangen.
Gutachter wurde nicht konfrontiert
Auch beim Hauptgegenstand des Artikels war der Presserat nicht zufrieden. Was den Vorwurf mit den psychiatrischen Dienstleistungen betreffe, sei die Recherche zwar «breit, aber mangelhaft». Wie bei den überrissenen Rechnungen handle es sich auch hier um schwere Vorwürfe, mit denen der Gutachter hätte konfrontiert werden müssen.
Dies habe die Journalistin aber unterlassen. Sie habe den Gutachter zwar informiert, dass sie einen Artikel über ihn schreibe. Die Vorwürfe gegen ihn habe sie aber nicht oder zu wenig genau benannt.
Gemäss Presserat verletzte dieser Artikel deshalb die Wahrheitspflicht (Ziffer 1) und das Gebot des Anhörens bei schweren Vorwürfen (Ziffer 3) des Journalistenkodex.