Coronavirus: BAG ignoriert Rückreisende von Kanaren bei Quarantäne
Auf den Kanarischen Inseln verbreitet sich das Coronavirus seit Anfang August rapide aus, doch das BAG setzt sie weiterhin nicht auf die Quarantäne-Liste.
Das Wichtigste in Kürze
- Das BAG hat die Quarantäne-Liste letzten Freitag angepasst.
- Weiterhin nicht auf der Liste sind die Kanaren – trotz 14-Tage-Inzidenz von 193.
- Die Entscheidung des BAG widerspricht der Verordnung des Bundesrats.
Letzten Freitag aktualisierte das BAG die Liste der Staaten und Gebiete, für welche die Quarantänepflicht bei der Einreise gilt. Neu auf der Liste sind etwa Kroatien, Paraguay oder die Ukraine. Die Kanarischen Inseln hingegen werden als einziges Gebiet Spaniens weiterhin als Ausnahme aufgeführt.
Die Daten der spanischen Gesundheitsbehörde zeigen, dass die Fälle auf den Inseln in den letzten Wochen in die Höhe schossen. Die Tageszeitung «El Mundo» titelte gestern entsprechend: «Rückschlag der Kanaren – von einem Vorbild für die Welt hin zu einem Brennpunkt der Besorgnis».
Nur dem BAG scheint diese Entwicklung keine Sorge zu bereiten. Oder hatte das BAG das Gebiet schlicht nicht mehr auf dem Schirm?
Coronavirus breitet sich auf den Kanaren rasant aus
In den letzten zwei Wochen registrierten die Behörden 4158 neue Infektionen mit dem Coronavirus auf dem Archipel. Das sind über 193 Fälle pro 100'000 Einwohner – mehr als das Dreifache des BAG-Grenzwerts von 60.
Das BAG hatte ausserdem genügend Zeit, um auf die veränderte Situation auf den beliebten Ferien-Inseln zu reagieren. Die 14-Tage-Inzidenz übertraf erstmals am 20. August den Schwellenwert von 60.
BAG will die «Überschreitung vertieft analysieren»
Das BAG wird derzeit mit Anfragen zum Coronavirus überhäuft, gibt sich daher gewohnt wortkarg. «Ein Land, resp. eine Region, kommt nicht automatisch auf die Liste, wenn es die Grenze von 60 Fällen auf 100'000 Bewohner innerhalb von 14 Tagen überschreitet. Die Überschreitung muss vertieft analysiert werden», schreibt Mediensprecher Daniel Dauwalder auf Anfrage.
Damit legt das BAG die «Verordnung über Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus im Bereich des internationalen Personenverkehrs» grosszügig aus. Darin ist eine der Voraussetzungen zur Einstufung als Risikogebiet klar definiert: Die Zahl der Neuinfektionen pro 100'000 Personen beträgt im betreffenden Gebiet in den letzten 14 Tagen mehr als 60.
Keine klare Linie beim BAG
Die Ausnahme für die Kanarischen Inseln beizubehalten, ist nicht nur deshalb sonderbar, weil sie der Verordnung widerspricht. Sie erscheint auch im Vergleich zu anderen Gebieten willkürlich. Die 14-Tage-Inzidenz in der Ukraine etwa liegt bei 69, in Kroatien bei rund 92. Beide Länder sind seit Freitag auf der Quarantäne-Liste.
Bis zum 18. August galt auch die spanische Inselgruppe um Mallorca als Ausnahme. Doch dann wurde die Liste angepasst, die Quarantänepflicht gilt seither auch für Rückreisende aus den Balearen. Die 14-Tage-Inzidenz lag damals bei 158 – seit rund 10 Tagen über 60.
Die Situation der beiden Inselgruppen ist durchaus vergleichbar: Beliebte Touristendestinationen, die Hauptinseln sind dicht besiedelt und stark frequentiert, die restlichen Gebiete eher weitläufig.
Eine «vertiefte Analyse» liesse kaum eine andere Schlussfolgerung zu, als sie Ende August für die Balearen galt: Die Inselgruppe ist ein Risikogebiet und gehört auf die Quarantäne-Liste.