Deutschland geht im Kampf gegen das Coronavirus weiter als bisher: Unter anderem sollen zeitlich beschränkte Alkohol-Ausschankverbote steigende Zahlen dämmen.
Alkohol-Einschränkungen Coronavirus
Zwei Personen stossen in einer Kneipe mit Bier an. Steigende Infektionszahlen des Coronavirus bringen Alkoholverbote ins Gespräch. - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Bundeskanzlerin Merkel hat mit den Ministerpräsidenten weitere Massnahmen beschlossen.
  • Angela Merkel empfiehlt Ausschankverbote von Alkohol bei hohem Anstieg der Corona-Zahlen.
  • Ein Experte warnt vor unpopulären Massnahmen: Es darf nicht als Schikane empfunden werden.
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Am Dienstag steckte Bundeskanzlerin Angela Merkel stundenlang mit ihren Ministerpräsidenten die Köpfe zusammen. Die steigenden Infektionszahlen sorgen insbesondere im Hinblick auf Herbst und Winter für Kopfzerbrechen.

Wie auch in der Schweiz sehen die Infektionszahlen mit dem Coronavirus je nach Bundesland mal schlimmer, mal besser aus. Daher hat sich Merkel mit den Vertretern hauptsächlich auf bestimmte Grenzwerte geeinigt, bei welchen schärfere Regeln gelten sollen.

Bei über 50 Neuinfektionen pro 100'000 Einwohner binnen sieben Tagen sollen in öffentlichen Räumen nur maximal 25 Personen gleichzeitig feiern. Für Privatpartys in geschlossenen Räumen empfiehlt Merkel dann «dringlich» eine 10-Personen-Obergrenze.

merkel corona
Angela Merkel will ihr Land bestmöglich auf die kalte Jahreszeit vorbereiten. - AFP/Archiv

Gibt ein Gast etwa in einem Restaurant falsche Kontaktdaten an, muss er mindestens 50 Euro Busse zahlen.

Bitter wird es für deutsche Feierwütige jedoch punkto Alkoholverbot. Wo die Infektionszahlen mit dem Coronavirus ansteigen, sollen regional «zeitlich eingegrenzte Ausschankverbote» erlassen werden. So sollen Ansteckungen in der Gastronomie eingedämmt werden, begründet Merkel.

Auch in der Schweiz wurde das Thema Alkohol bereits diskutiert: Vor rund einem Monat zitterte die Bier-Branche, als Bundesrat Berset mit einem Alkoholverbot in den Stadien liebäugelte. Viele Personen würden unter dem Einfluss von Alkohol den nötigen Corona-Abstand nicht einhalten, kritisierte er damals. Zustande kam das Verbot dann aber nicht.

Cerny: «Massnahme darf nicht als Schikane empfunden werden»

Es sei klar, dass Personen unter Alkoholeinfluss die Hygiene- und Abstandsregeln weniger befolgen, sagt auch der Tessiner Virologe Andreas Cerny. Deswegen den Alkoholkonsum generell zu verbieten oder einzuschränken, hält er hingegen für die falsche Strategie.

Coronavirus
Klinikdirektor Andreas Cerny von der Clinica Luganese Moncucco. Als Virologe beobachtet er die Entwicklung des Coronavirus. - Epatocentro Ticino

Eine Massnahme bringe nur etwas, wenn sie auch respektiert und umgesetzt werde. «Ein solches Verbot kann auch kontraproduktiv sein, wenn es von den Betroffenen als Schikane empfunden wird», warnt Cerny. So gefährde man die Akzeptanz einer gewählten Strategie bei der Bevölkerung.

Alkoholverbot als isolierte Massnahme gegen Coronavirus macht «wenig Sinn»

Als isolierte Massnahme mache darum ein Alkoholverbot wenig Sinn, auch in Deutschland nicht. «Die Diskussion in Deutschland muss die verschiedenen Massnahmen, welche schlussendlich Teil der gewählten Strategie werden, der Entwicklung der Epidemie anpassen.»

Eine unpopuläre Massnahme wie ein Alkoholverbot müsste also Teil einer grösseren, besser nachvollziehbaren Strategie zur Eindämmung des Coronavirus sein. Das wäre auch in der Schweiz so: «Es kann sein, dass bei bestimmten Grossveranstaltungen betreffend Alkoholausschank Auflagen gemacht werden. Das liegt in der Kompetenz der Kantone.»

Gaststätte
Eine Frau blättert neben einem Glas Bier und der Sonnenbrille auf dem Tisch vor einer Gaststätte in einer Zeitschrift. - dpa

Ein generelles Verbot mache aber seiner Einschätzung auch hier keinen Sinn. Anders sieht dies die Stiftung Sucht Schweiz. Diese plädierte jüngst bei Nau.ch für ein Alkoholverbot.

«Ein Verkaufs- und Konsumverbot verhindert insbesondere spontane Gelegenheiten, an denen mitunter übermässig viel Alkohol getrunken wird. Deshalb ist ein solches Verbot eine wirksame strukturelle Präventionsmassnahme», urteilte Sprecherin Monique Portner-Helfer.

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