Coronavirus: Müssen wir jetzt alle paar Monate impfen?
Das Wichtigste in Kürze
- Der Pfizer-Chef rechnet damit, dass die Corona-Impfung jedes Jahr erneuert werden muss.
- Das Virus mutiere so schnell, dass auch die Impfstoffe künftig angepasst werden müssten.
- Die Prognose wirft eine Vielzahl neuer Fragen auf.
Pfizer-Chef Albert Bourla sorgte in der Nacht auf Freitag mit einer Aussage für Wirbel: Seiner Einschätzung nach könnte eine dritte Auffrischung der Impfung innerhalb von zwölf Monaten nötig sein. Und danach muss der Virus-Schutz vielleicht sogar jährlich erneuert werden.
USA warnt Bevölkerung vor
Unterstützung erhält Bourla für seine Prognose von der Konkurrenz und verschiedenen Gesundheitsbehörden. Die Anti-Covid-Gruppe der US-Regierung warnte ihre Bevölkerung, dass eine Auffrischung ihres Impfschutzes «sehr wahrscheinlich» nötig sei.
«Wir wissen zu diesem Zeitpunkt noch nicht alles», sagte David Kessler bei einer Anhörung vor US-Gesetzgebern. «Wir untersuchen die Dauer der Antikörperreaktion. Diese scheint stark zu sein, geht aber leicht zurück. Die Varianten des Coronavirus sind eine Herausforderung.»
Auch Grossbritannien, welches mehrheitlich mit Astrazeneca impft, will, dass über 70-Jährige ihre Covid-19-Impfung schon im September auffrischen. Für die älteste britische Bevölkerungsgruppe wäre es bereits die dritte Dosis. Gleichzeitig versuchen andere europäische Staaten, bis im Herbst immerhin die Hälfte ihrer Bürger einmal geimpft zu haben.
Wie gefährlich ist «Kreuzimpfen»?
Derzeit herrscht noch Unklarheit darüber, ob Impfungen mit verschiedenen Präparaten ab dem zweiten Pieks unbedenklich oder überhaupt effektiv sind. Die Frage wäre aber im Hinblick auf eine regelmässige Impf-Auffrischung zentral. Ansonsten müssten nationale Impfkampagnen auf Jahre hinaus mit den gleichen Herstellern planen.
Die WHO spricht sich gegen das sogenannte «Kreuzimpfen» aus, solange nicht mehr Daten vorliegen. Das bringt vor allem Deutschland in Bedrängnis: Dort soll seit den Thrombose-Fällen das Astrazeneca-Vakzin Menschen unter 60 Jahren nicht mehr gespritzt werden. Rund 2,2 Millionen Deutsche unter 60 haben aber bereits eine erste Dosis mit Astrazeneca intus. Wie es mit ihnen weitergeht, soll in den nächsten Tagen beschlossen werden.
Coronavirus: Erbgut verändert sich
Vor allem wegen der neuen Corona-Varianten werden spätere Impfungen zum Auffrischen aber immer wichtiger. Noch schützen die zugelassenen Impfstoffe relativ gut gegen die mutierten Viren. Wissenschaftler befürchten aber, dass diese ihr Erbgut so weit verändern, dass nur noch angepasste Impfstoffe ausreichend Schutz bieten.
Etwas Ähnliches passiert bei der Grippe-Impfung, welche ebenfalls jedes Jahr neu gemacht werden muss. Gemäss einem Berliner Forschungsteam mutiert das Coronavirus zwar im Labor nur halb so schnell wie herkömmliche Grippeviren. Weil das Coronavirus aber so ansteckend ist, bilden sich während der Pandemie mit vielen Infizierten besonders schnell neue Varianten.
Schweizer Behörden vorsichtig
Die neue mRNA-Technologie ermöglicht es, einen Impfstoff relativ schnell anzupassen. Mutieren die Coronaviren wie bisher mehrheitlich an ihren Stacheln, müsste ein Impfstoff nur an wenigen Stellen verändert werden. Gemäss dem deutschen Bundesinstitut für Impfstoffe und Arzneimittel braucht dieser Vorgang etwa sechs Wochen.
Eine neue Zulassung müsse im grossen Kanton bei erfolgreichen Labortests wohl nicht mehr beantragt werden. Bei Vektor-basierten Impfstoffen ginge der Prozess wahrscheinlich länger.
Nicht ganz so locker sieht das die Schweizer Schwesterbehörde: Auf Anfrage gibt sich die Swissmedic wortkarg zu dem Thema. Ein entsprechendes Szenario sei noch nicht diskutiert worden, sagt ein Sprecher. Aktiv werden wolle man erst, wenn ein Antrag auf eine Änderung eines Impfstoffs eingereicht werde.