Coronavirus: Schadet maskenfreier Adelboden-Weltcup dem Tourismus?
Beim Skirennen in Adelboden wurde gejubelt, als gäbe es kein Coronavirus. Trotzdem dürfte dies kaum Einfluss auf Touristenströme in die Schweiz haben.
Das Wichtigste in Kürze
- Am Wochenende wohnten über 12'000 Fans dem Skirennen in Adelboden BE bei.
- Weil kaum Masken getragen wurden, entbrannte auf Twitter ein Shitstorm – auch im Ausland.
- Ein Tourismus-Professor erklärt nun, warum das auch eine Chance für die Schweiz sein kann.
Dicht an dicht gedrängt und grösstenteils ohne Maske: Diese Bilder aus Adelboden im Berner Oberland gehen um die Welt. Über 12'000 Fans vor Ort bejubelten die Skifahrer und den Sieg des Schweizers Marco Odermatt.
Die Veranstalter setzten auf eine 3G-Zertifikatspflicht, eine Maskenpflicht galt nur «solidarisch». Der Zweitplatzierte, Ösi-Rennfahrer Manuel Feller, witzelte gar über eine «Durchseuchung».
Unter den Hashtags #DummWieDieSchweiz und #Adelbodenlos häuft sich Kritik – auch aus dem benachbarten Ausland, wo deutlich strengere Massnahmen gelten.
Erleidet das Ferienland Schweiz dadurch nun einen Image-Verlust?
Nau.ch hat den Tourismus-Experten Urs Wagenseil von der Hochschule Luzern (HSLU) gefragt. Er sagt: «Man darf diese Bilder und Reaktionen nicht überbewerten. Es gibt stärkere persönliche Motive, ob Touristen sich für Ferien in der Schweiz entscheiden als die Fernsehbilder eines Skirennens.»
Dazu komme: Skirennen und Skifahren seien nicht dasselbe. Interessierte differenzieren in diesem Kontext sehr wohl zwischen einem Event als Zuschauer und der eigenen Aktivität in der Natur.
«Sehnsucht nach Normalität zieht Touristen an»
Bei der Diskussion, die in den sozialen Netzwerken entbrannt ist, nehme er wie häufig beim Thema «Coronavirus» eine Polarisierung wahr: «Die Reaktionen können zwischen ‹Spinnen die eigentlich?› und ‹Endlich herrscht wieder Normalität› variieren.»
Letzteres könne sich auch positiv auf den Schweizer Tourismus auswirken. «Es ist denkbar, dass manche sich wegen einer Sehnsucht nach Normalität explizit für Ferien in der Schweiz entscheiden.»
Der Netto-Effekt zwischen den beiden gegenteiligen Wahrnehmungen «Abschreckung» und «Motivation» lasse sich ohne gezieltere Untersuchung kaum beziffern, so der Experte.
Vergleich zum ersten Winter mit dem Coronavirus
Urs Wagenseil folgert daher: «Ich selber erwarte keine bremsende Wirkung für den Schweizer Skitourismus.»
Das zeige auch die Erfahrung, welche die Schweiz bereits im ersten Corona-Winter machte. «Im Gegensatz zu unseren Nachbarländern konnte man bei uns zumindest auf die Piste.» Das habe das Image des Schweizer Tourismus auch nicht geschädigt.
Insgesamt dürfte sich der derzeitige «Schweizer Sonderweg» bezüglich des Coronavirus mangels internationaler Bekanntheit wenig auf den Tourismus auswirken.
«Bedeutsamer ist neben dem gewünschten touristischen Angebot und der Zahlungsbereitschaft die grundsätzliche Erreichbarkeit eines Landes.» Sprich: Einreisebestimmungen wie etwa Quarantäne-Vorschriften sind hierfür ausschlaggebend.