Darum besetzen Klimaaktivisten jetzt auch Schulen
Neben Demonstrationen und Strassenblockaden besetzen Klimaaktivisten seit Neustem auch Schulen. Aber wieso? Was wollen die Aktivistinnen und Aktivisten dort?
Das Wichtigste in Kürze
- In Zürich und Basel besetzten Klimaaktivistinnen und -aktivisten Schulen.
- Sie fordern, dass aktuelle Krisen mehr im Unterricht behandelt werden.
- Wegen Frustration setzen Aktivisten vermehrt auf zivilen Ungehorsam, so ein Soziologe.
Erst gingen sie demonstrieren, dann klebten sie sich am Asphalt fest. Jetzt besetzen die Klimaaktivistinnen und -aktivisten Schulen, etwa am Dienstag in Zürich oder am vergangenen Freitag in Basel. Doch wieso eigentlich Schulen?
«Weil es um die konkrete Verknüpfung der Bildungspolitik mit den derzeit multiplen Krisen geht. Diese finden im Bildungssystem bewusst nicht den Raum, der ihnen zusteht», antwortet ein Sprecher von «Erde Brennt Zürich» auf Anfrage von Nau.ch.
Konkret heisst das: Die Aktivistinnen und Aktivisten fordern «Gegenwartslektionen», in denen über soziale und ökologische Probleme aufgeklärt und diskutiert wird. Zudem bräuchte es mehr psychologische Betreuung an Schulen, weniger Leistungsdruck und kostenlose Bildung für alle, fordern sie.
Daneben stellen die Aktivistinnen und Aktivisten die diversen Forderungen der Klimabewegung: Netto-Null bis 2030, Verkehrswende, Solidarität mit dem globalen Süden.
Durch Schulbesetzungen würden Aktivistinnen und Aktivisten einerseits Aufmerksamkeit auf ihre Anliegen lenken wollen, sagt Simon Schaupp von der Uni Basel. Der Soziologe hat ein Forschungsprojekt zum Klimastreik in der Schweiz geleitet. Zusätzlich wollten sie den Alltag, das «business as usual», unterbrechen, das sie als unerträglich empfänden, so Schaupp weiter.
«Hässige» Klimaaktivisten suchen neue Aktionsformen
«Wir sind hässige Schüler, Lernende und Studis», sagte die Aktivistin Johanna während der Besetzung des Zürcher Enge-Gymnasiums am Dienstag. Und weiter: «Wir haben einfach genug vom Bildungssystem, das unsere Sorgen und Ängste nicht ernst nimmt.»
So ähnlich beobachtet das auch Schaupp. «In unserer Forschung sehen wir deutlich, dass die befragten Aktivisten zunehmend frustriert und verzweifelt darüber sind, dass kein aus ihrer Sicht hinreichender Klimaschutz beschlossen wird.» Daher suchten sie nach neuen Aktionsformen, was auch die Verschiebung von Massendemonstrationen hin zum zivilen Ungehorsam erkläre.
Es könne eine Zuspitzung der Konflikte um die Klimakrise beobachtet werden. «Zum einen spitzt sich der Klimawandel selbst zu, hat zunehmend drastische Auswirkungen», so Schaupp. «In diesem Zusammenhang kommt es zu einer Radikalisierung der Bewegung in Hinblick auf Inhalte und Aktionsformen.»
Allerdings blieben die Aktivistinnen und Aktivisten gewaltfrei. Aber auch die Gegenposition zur Klimabewegung werde radikaler. Auf dieser Seite würde sich das durch «eine Verrohung der Sprache bis hin zu Aufrufen zur Gewalt» manifestieren.