«Ehe für alle» auch ein Jahr nach Einführung noch rege genutzt
Auch ein Jahr nach der Einführung der «Ehe für alle» gibt es mehr Homo-Ehen als zuvor eingetragene Partnerschaften. Aber die Software hinkt noch hinterher.
Das Wichtigste in Kürze
- Seit genau einem Jahr dürfen gleichgeschlechtliche Paare in der Schweiz heiraten.
- Bis jetzt werden mehr Homo-Ehen verzeichnet, als zuvor eingetragene Partnerschaften.
- Grund dafür könnte auch ein «Nachholeffekt» nach der Corona-Pandemie sein.
Seit einem Jahr dürfen gleichgeschlechtliche Paare heiraten. Auch im ersten Halbjahr 2023 wurde das Angebot rege genutzt. Die Zahlen sind zwar leicht rückläufig, aber immer noch höher als in Zeiten der eingetragenen Partnerschaft.
In der Stadt Zürich gaben sich seit Januar 75 gleichgeschlechtliche Paare das Ja-Wort, wie das Zivilstandsamt Zürich auf Anfrage mitteilte. Vor der Einführung der Ehe für alle liessen jeweils rund 100 Paare pro Jahr ihre Partnerschaft eintragen.
Ähnlich tönte es auch bei den Zivilstandesämter Bern-Mittelland, Basel-Stadt und Genf. Überall wurden auch 2023 mehr Ehen verzeichnet, als es vorher neu eingetragene Partnerschaften im gleichen Zeitraum gab.
«Nachholeffekt» auch wegen Corona
Dass dieser Nachholeffekt noch andauere, könne mehrere Gründe haben, sagte David Rüetschi, Leiter des Eidgenössischen Amts für das Zivilstandswesen (EAZW). Weil auch heterosexuelle Paare ihre Hochzeitspläne Corona-bedingt aufgeschoben hätten, seien die Termine im Sommer 2022 etwa knapp gewesen. «Das gilt nicht nur für die Standesämter, sondern auch für Restaurants und andere schöne Orte, die sich zum Heiraten eignen.»
Das bestätigte Roland Peterhans, Präsident des Schweizerischen Verbands für Zivilstandswesen und fachlicher Berater beim Zivilstandsamt Zürich. «In Zürich hatten wir extra ein paar Termine für gleichgeschlechtliche Paare freigehalten; wir wollten sie nicht noch länger warten lassen.» Das hätten aber nicht alle Ämter gleich gehandhabt.
Grundsätzlich würden sich Zeremonien für gleichgeschlechtliche Paare nicht von solchen für heterosexuelle Paare unterscheiden, sagte Peterhans weiter. Ob Mann und Frau, oder Mann und Mann oder Frau und Frau sei völlig unerheblich. «Eine Trauung ist eine Trauung.»
Software hinkt bei «Ehe für alle» hinterher
Einen kleinen Unterschied zu den heterosexuellen Hochzeiten gibt es aber trotzdem: Die von den Ämtern genutzte Software sieht die Möglichkeit von gleichgeschlechtlichen Ehen nicht vor. Peterhans meint: «Eigentlich hatten wir gehofft, dass bei der Einführung der Ehe für alle bereits die Nachfolgelösung der Software vorlegen würde».
Doch das ist nach wie vor nicht der Fall. Nun wurde eine Umgehungslösung geschaffen. Dies sei für die Ämter zwar mit Mehraufwand verbunden, sagte Peterhans. «Aber das ist kein Problem, das müssen wir einfach machen.»
Die Nachfolgelösung soll Anfang 2025 bereitstehen, wie Rüetschi vom EAZW sagt. Damit man in Zukunft nicht wieder vor einem ähnlichen Problem stehe, werde die neue Software deutlich flexibler ausfallen. So soll etwa die Möglichkeit geschaffen werden, den Heiratswilligen kein bestimmtes Geschlecht zuweisen zu müssen. Dies etwa, falls ein drittes Geschlecht doch noch anerkannt werde, wie es im Ausland teilweise der Fall sei.