Erika Burkart wäre heute 100 Jahre alt geworden
Die Schweizer Lyrikerin Erika Burkart wäre heute 100 Jahre geworden. Lebensgefährte Ernst Halter veröffentlicht aus diesem Anlass einen Gedichtband.
Das Wichtigste in Kürze
- Erika Burkart war eine Schweizer Lyrikerin, die die Natur liebte.
- Ihr Lebensgefährte hat nun einen Gedichtband veröffentlicht.
- Burkart starb 2010. Heute wäre sie 100 Jahre alt geworden.
Erika Burkart (1922-2010) wurde als einzige Frau mit dem Grossen Schillerpreis geehrt. Heute wäre die Schweizer Lyrikerin 100 Jahre alt geworden. Ihr Lebensgefährte Ernst Halter hat deshalb Gedichte für ein neues Buch zusammengestellt.
«Spiegelschrift» heisst die Sammlung, die heute gültiger wirkt denn je. Die Klimajugend müsste sie lieben: Erika Burkart hat sich mit Leib und Seele der Natur verschrieben. Schreibend hat sie ein Leben lang gegen die menschliche Entfremdung von der Umwelt und deren Zerstörung protestiert.
Erika Burkart lebte zurückgezogen
1956 bekam sie die erste einer langen Reihe von Auszeichnungen; die letzte war 2005 der Grosse Schillerpreis für ihr Lebenswerk, den sie als einzige Frau trägt. Zu diesem Zeitpunkt galt sie als meistgelesene Dichterin im deutschen Sprachraum. Ihre Bücher erreichten für Lyrik ungewöhnlich hohe Auflagen. Erika Burkart hat die Welt erreicht, obwohl sie selber ganz zurückgezogen von ihr lebte.
Hat die Schweizer Dichterin, herzkrank und von zarter, ätherischer Erscheinung, im Auge des Hurrikans gelebt? Dort, wo es ganz still ist, während rundum die Welt aus den Fugen gerät? Angesichts einer Vielzahl an Gedichten, die nebst Burkarts innerer Welt fast ausschliesslich ihren Garten als Themenkreis kennen, scheint es so.
Das Gedicht «Gartenlektüre» verdeutlicht die Haltung der immer wieder zweifelnden Gläubigen zur Schöpfung: «Ein Insekt. Seite vierzig. Es war weiss und so klein, wie ich nie zuvor /etwas gesehen hatte. / Es sass auf dem Buchstaben X, an jenem Tag las ich / kein Wort mehr.»
Burkart flüchtete sich als Kind in die Literatur
Im aargauischen Freiamt steht es noch immer, das Haus Kapf. Es ist eine ehemalige Residenz von Äbten, die Burkarts Vater gekauft und zum Wirtshaus umfunktioniert hatte.
Dass es damals alles andere als still war im Haus Kapf, beschreibt Erika Burkart in autobiografischen Aufzeichnungen. Auch einzelne Prosawerke wie «Die Vikarin» berichten von wenig paradiesischer Kindheit. Dennoch stellt das Kind das Ideal des «ganzen», noch nicht entfremdeten Menschen dar, der eins ist mit der Natur.
Märchen, Sagen und Literatur, von der Mutter vermittelt, boten dem Kind Erika eine Fluchtwelt. Mit 30 Jahren schied sie krankheitsbedingt aus dem Lehrberuf. Danach fand Erika Burkart im Haus Kapf erneut Zuflucht bei der Literatur, diesmal der eigenen.
Lebensgefährte Halter stellt Gedichtband zusammen
Ab den späten 1960er-Jahren bis zu ihrem Tod 2010 gesellte sich ihr zweiter Ehemann zu ihr. Der Publizist Ernst Halter war 16 Jahre jünger als sie.
Und heute, zum 100. Geburtstag der Dichterin, sind vom Haus Kapf her noch einmal Signale zu empfangen: In den letzten dreieinhalb Jahren hat Halter das Buch «Spiegelschrift. Gedichte – die grosse Auswahl» zum Druck vorbereitet.
Im vorliegenden Band haben vor allem Gedichte aus dem späteren Werk Aufnahme gefunden. Die Dichterin rang damals um eine neue Sprache. Diese sollte die Ungereimtheit der Welt, die Unzulänglichkeit des Menschen, Trennung und Tod schon in sich tragen.*
*Dieser Text von Tina Uhlmann, Keystone-SDA, wurde mithilfe der Gottlieb und Hans Vogt-Stiftung realisiert.