War die SVP ein Vorbild für die SP, Herr Wermuth?
Erfolge vor dem Volk – Niederlagen im Parlament: Die SP blickt auf ein zwiespältiges Jahr zurück. Die Parteileitung hebt die positiven Aspekte hervor.
Das Wichtigste in Kürze
- Die SP zieht für 2024 trotz Schwierigkeiten im Parlament eine positive Bilanz.
- Grund dafür sind die teils wichtigen und zahlreichen Erfolge vor dem Volk.
- Für 2025 hofft man aber auch auf ein bürgerliches Umdenken und Lösungen im Parlament.
Das Jahr 2024 war ein Auf und Ab für die SP. Einerseits durfte sich die Linke in Volksabstimmungen über teils überraschende und bedeutende Siege freuen. Sei es bei der 13. AHV-Rente oder beim Autobahn-Ausbau.
Gleichzeitig tat man sich im Parlament gegen die bürgerliche Mehrheit schwer. Prominentestes Beispiel ist da sicherlich die Budgetdebatte im Dezember.
Dort beschloss das Parlament unter anderem Kürzungen bei der internationalen Zusammenarbeit.
Im Rahmen ihres Jahresauftakts in Bern hat die Partei nun vor den Medien Bilanz gezogen und aufs neue Jahr geblickt. Wie sieht die Parteileitung also das politische 2024?
Cédric Wermuth: «Die Bevölkerung hat uns gestützt»
Letztlich überwiege klar das Positive, sagt Co-Präsident Cédric Wermuth gegenüber Nau.ch. Denn am Schluss entscheide in der Schweiz die Bevölkerung.
In dieser Hinsicht ist für den Aargauer Nationalrat klar: «Die Bevölkerung hat uns in allen zentralen Fragen gestützt im letzten Jahr. Das gibt mir Hoffnung, dass dies auch die bürgerliche Mehrheit einmal zur Kenntnis nehmen muss.»
Wermuth sagt zwar, dass ihn die Geschehnisse im Parlament «mit Sorge» erfüllen. Da sei man oft «in die falsche Richtung gegangen».
Er hält aber fest: «Das Wichtigste sind die Volksabstimmungen und die geben eine klare Richtung vor.»
Samira Marti: Wollen Schwung ins Parlament mitnehmen
Ähnlich sieht es die Co-Fraktionspräsidentin Samira Marti. Die Baselbieter Nationalrätin sagt zu Nau.ch: «Die SP war im Jahr 2024 die erfolgreichste Partei, was Volksabstimmungen anbelangt.» Gerade sozialpolitisch habe man mehrere wichtige Siege eingefahren.
Mit Blick aufs kommende Jahr sagt Marti: «Wir hoffen jetzt natürlich, dass wir diesen Schwung auch ins Parlament mitnehmen können.»
Ob sich dann vielleicht in bestimmten Themen neue Mehrheiten ergeben werden, sei noch nicht abschätzbar. Dafür brauche es eine «Kurskorrektur» der Bürgerlichen.
In jedem Fall hält Marti fest: «Klar ist für uns, dass wir gestärkt, auch mit dem Willen der Stimmbevölkerung, im Parlament arbeiten können.»
Und weiter: «Ohne die SP macht man keine Sozialpolitik in diesem Land. Und wenn es nötig ist, werden wir auch in Zukunft mit Referenden Abbauvorlagen bekämpfen.»
Die bürgerliche Mehrheit im Parlament habe nicht mit der Mehrheit der Bevölkerung gerechnet, sagte Co-Präsidentin Mattea Meyer. Von den zwölf Urnengängen habe die SP neun gewonnen, hält die Zürcher Nationalrätin fest.
Die SVP als Vorbild für die SP?
Das Volk als wichtigste Instanz, die Oppositionsrolle und Erfolge mit Referenden oder Initiativen: Oftmals bringt man diese Aspekte eher mit der rechten Seite in Verbindung. War die SVP in diesem Bereich vielleicht sogar ein Vorbild für die SP?
Wermuth winkt ab: «Die SVP hat immer eine Schein-Opposition betrieben.» Sie habe zwar immer vorgegeben, sich für die Bevölkerung einzusetzen.
Der Sünneli-Partei seien letztlich aber die Lobbys, beispielsweise aus der Gesundheits- oder Bankenbranche, jeweils wichtiger gewesen.
Momentan dominiere die SVP den Bundesrat, so Wermuth: «Jede Politik, die aktuell aus dem Bundesrat kommt, ist klar von der SVP gefärbt.» Und da sei man als SP gezwungen, Oppositionspolitik zu machen.
«Idee wäre, im Parlament gute Lösungen zu finden»
Marti hält fest, dass die Oppositionsrolle für die SP nicht neu ist. «Sozialpolitisch waren wir schon immer in der Opposition.»
Und da habe man dank der direkten Demokratie schon immer Erfolg gehabt, hält die Fraktionschefin fest.
Volksentscheidungen werden für die SP auch in Zukunft wichtig sein. Wermuth sieht diese jedoch nicht als Selbstzweck.
«Mein Ziel ist es nicht, möglichst viele Volksabstimmungen zu haben. Die Idee wäre, im Parlament gute Lösungen zu finden.»
Wenn die Bürgerlichen aber weitermachen wie bisher, werde man «ohne zu zögern jedes Referendum ergreifen».
Umweltverantwortungsinitiative als erster Volksentscheid
Eine erste Volksabstimmung 2025 gibt es bereits in rund einem Monat. Am 9. Februar stimmt die Schweiz über die Umweltverantwortungsinitiative der Jungen Grünen ab.
Das Begehren dürfte es gemäss Umfragen schwer haben. Wermuth, der die Initiative lobt, sagt dazu: «Ich hoffe im Minimum, dass die Debatte dazu beiträgt, dass das Parlament daraus ein paar Inputs mitnehmen kann.»
Marti betont zudem, dass man bei der Umweltverantwortungsinitiative nicht an vorderster Front mitkämpfe. Da es sich wie erwähnt um ein Begehren der Jungen Grünen handle.
Wichtiger sei beispielsweise dann die Abstimmung über den Eigenmietwert. Diese Vorlage wird voraussichtlich im Herbst vors Volk kommen.